1620 : Mit Pater Ungelehrt 2585 Schritt um die Stadt

Von Tannenzapfen, Schlehen, Hagenbutzen und gutem Korn

Mit den Nachnamen Ungelehrt wäre es kaum weit zu unbelehrbar oder gar ungebildet. Weit gefehlt aber bei Johann Ludwig Ungelehrt. Denn während wohl nur ein kleiner Teil der Villinger Bürger und Hintersassen um 1600 lesen oder schreiben konnte, war Pater Ungelehrt († 1662)  anfangs des 17. Jahrhunderts Provinzial bei den Franziskanern, auch Minoriten, Minderbrüder oder auch Barfüßerorden genannt, die bereits 1267 vom Grafen Heinrich  I. von Fürstenberg als Orden in Villingen zum klösterlichen Leben und der Seelsorge eingeladen wurden.

Mit Thannenzapfen, Schlehen und Hagenbutzen, wenig Obst aber einem guten Korn beschrieb vor 400 Jahren Pater Ungelehrt die bescheidene Villinger Landwirtschaft. Im Hintergrund das Magdalenenbergle mit dem Laiblewald.

Villingens Raumschaft wurde mit dem Bau eines Klosters von 1269 bis 1292 somit auch eine Franziskaner-Provinz, deren Leiter als Provinzial-Minister oder Provinzial großen Einfluss auf das religiöse und kulturelle Leben mit ihrer weitgehend autonomen Provinz-Regierung.

Pater Ungelehrt, der seine Stadt und die Region wohl gut kannte, beschrieb um 1620, also vor 400 Jahren, auch die Verhältnisse, die für die Stadt und um die Stadt galten.

Denn die Geschichte einer historischen Stadt wie Villingen hatte deutliche Spuren auch während des 30-jährigen Krieges erfahren, als Drangsal und Not, Leid und Tod die Tage und Monate dreier Belagerungen die Bürger und die einfachen Leute bewegte.

Pater Ungelehrt scheint zuvor recht stolz auf den Orden und die Stadt gewesen zu sein, als er Größe und örtliche Verhältnisse in der damaligen Sprache beschrieb:

Merian druckte 1643 die Ansicht Villingen mit der Ruine Warenburg.

„ Die Stadt an ihr selbst nit groß ist, hat ongefähr 676 Häuser, 102 Scheuern und 28 Gärtlin. Ringsweis herum 2585 Schritt, ist ganz in die Ovalfigur und in die Runde gebauen, dass man bei dem vier-röhrigen Marktbronnen wegen der Grede der Gassen zu allen vier Thoren aussehen kann. Durch ein jede der Gassen läuft ein Armb von dem Fluss Brigy, davon das Thal „Brigythal“ genant wird und die Thonau den ersten Zufluss nimmt.

Ist mit zweyen  Gräben und zweyen Mauern umgeben, liegt in einem weiten Thal, hat etliche wöhrhafte Thürme, darauf man dem zurückenden Feind begegnen kann. Liegt sonsten in einem Lande, da außer Thannenzapfen, Schlehen und Hagenbutzen wenig Obst wächst, aber ein gutes Koren.“

Noch sollte es 13 Jahre dauern, bis Pater Ungelehrt 1633 den erwartet „verschanzten Feind“ erfahren musste, als sein Kloster vom Hubenloch her den Angreifern ein gutes Ziel bot.

Und das alles begann im Juli 1633 mit dem Angriff der Schweden, der Württemberger und der mit diesen verbündeten Schotten und Franzosen. Die Villinger blieben tapfer. Die Belagerer zogen ab..

 

 

 

2 Gedanken zu „1620 : Mit Pater Ungelehrt 2585 Schritt um die Stadt“

  1. Guten Abend!

    Vielen Dank für einen interessanten Artikel über Pater Johan Ungelehrt.
    Ich frage mich, ob Sie möglicherweise Zugang zu Josef Groners Artikel über Johan Ungelehrt haben.
    Ich interessiere mich für Ungelehrt, weil ich ein Buch besitze, das ihm gehörte.
    Ich interessiere mich auch besonders für Bücher, die die Schweden im 17. Jahrhundert als Beute genommen haben.

    Freundliche Grüße
    Tim Schröder, Linneryd, Schweden

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    • Hallo, nach Schweden,
      nein, Josef Groner ist mir nicht bekannt.

      Aber unglaublich, dass heute noch ein Buch von Pater U. existiert.

      Gruß aus VL, der 1000-jährigen Stadt

      wob.

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