Villingen in Biedermeier-Nostalgie
Eine Sonderausstellung des Franziskanermuseums zu Sägers 100. Todestag wird ab Freitag, 12. Juli ein Muss für Villingen-Fans
geschildert nach Stefan Simon SK
Nostalgie möge den Betrachter bewegen, sei wohl das traditionelle Credo des Villinger Malers Albert Säger gewesen, was heute als „nette zeitgenössische Postkarten- Ästhetik“ gelten kann, wie es Peter Graßman vom Franziskaner-Museum ganz salopp bemerkt.
Geboren wurde Säger am 30. Januar 1866, er starb mit 58 Jahren am 28. November 1924. In 2024 rückt nun das Museum die Werke des Malers, die nicht allzu oft populär gesehen wurden, in einer Sonderausstellung zum 100. Todestag ins Licht der Öffentlichkeit. Und dies mit 300 Exponaten.
Allesamt ohne Andeutung an die damalige Moderne der aufstrebenden Industrialisierung, die Albert Säger vor über 100 Jahren nicht in den Blick ließ.
So sind in Sägers Bildern statt Personen viel eher Straßen, Häuserfronten und der Blick fürs Totale bestimmend. Es ging ihm bis in die „goldenen 1920er Jahre“ jedoch nicht um expressionistische Zeitkritik, sondern eher ums historisierende Motiv und um den Rückblick auf die Biedermeier-Zeit.
In diesem Sinne kann es im Sommer mit der Sonderausstellung „Sehr schön g‘molt – Die Welt des Albert Säger“ zu einem nostalgischen Höhepunkt kommen.
Säger ist als Villinger Künstler wohl ein Stück weit in Vergessenheit geraten, doch hat er als Spross einer Familie von Malern vor Ort deutliche Spuren hinterlassen und damit auch an drei exponierten Stellen das Villinger Stadtbild bis heute geprägt.
Einmal die überarbeitete Fassadenmalerei am eigenen Wohnhaus in der Rietstraße 30, heute Café Dammert, und von dort aus der Blick zum Riettor mit dem Votivbild der Kreuzaufrichtung, und schließlich die Raben-Fassade in der Oberen Straße. Alle drei Malereien mit der Handschrift Sägers.
Auch wenn Säger sein Bier mal im Meyerhof trank, hockte er zwischen seinen pittoresken Szenen aus dem historischen Villingen: von 1901 bis Ende der 50er Jahre hingen dort sieben großformatige Bilder in der Niederen Straße, bis die Werke 1958 in die Altertümersammlung des Museums kamen. Im Depot vergilbt und verstaubt und 50 Jahre der Öffentlichkeit verborgen.
Darunter die Bürgerwehrsoldaten, das Ritter-Turnier auf dem Münsterplatz, ein Triptychon zu Romaeus und der Villinger Stadtgeschichte. Und so hat es der imposante Einzug Kaiser Maximilians nach aufwändiger Restaurierung auch in der Zehntscheuer der Historischen Narrozunft geschafft zugänglich.
So hat Säger nicht nur die Fantasie in mittelalterliche Szenerie fließen lassen, sondern die Jahrhunderte durchmischt und wohl auch das Konterfei von Zeitgenossen ins Bild gebracht.
Am Freitag, 12. Juli, wird um 17 Uhr die Sonderausstellung „Sehr schön gmolt…“ mit Arbeiten von Albert Säger eröffnet. Gelegenheit, in die Welt Albert Sägers, seine zahlreichen Gemälden und Zeichnungen, einzutauchen, gibt es bis zum 12. Oktober. Mehr als 300 Exponate sind zu sehen, davon über 270 Leihgaben.
Peter Graßmann: „Seine Bilder wirken meist sehr ruhig und bedächtig und stellen kaum etwas Hektisches dar“. In seinen Werken greift der Maler als Motive typische Gebäude der Stadt auf, die markanten Türme und Stadttore, geschönte Architektur, aber auch idyllische Natur, stets bedacht darauf, das Schöne der Stadt zum Ausdruck zu bringen.
Bei Sägers Schaffen lässt sich zweifelsfrei aufzeigen, wie Vorlagen aus der Fotografie oder der Malerei zu eigenen Werken umgestaltet wurden und damit ins Spannungsfeld von Geschichte und Moderne gerieten. Neben den Werken aus Sägers Atelier werden auch einige Vor- und Nachbilder präsentiert.
Ein „Pate“, der für Sägers Marktplatz-Szene wohl stand, war Johann Nepomuk Ummenhofer mit seiner Biedermeier-Ansicht der „Oberen Straße“ aus 1839.
Doch auch Albert Säger hat Künstler beeinflusst. Ganz sicher seinen Stiefsohn Waldemar Flaig, aber auch den Künstler Richard Ackermann.
Denn in der Motivwahl gibt es eine Verbindung zu Säger: er oft nostalgisch verklärt, Flaig und Ackermann expressionistisch auf der Höhe der Zeit.
Also, der Albert Säger hat zweifellos einen Platz in der Villinger Künstlergeschichte verdient.
Der Besuch der Ausstellung würde mich sehr interessieren.
Vielleicht gibt es für meine Frau und mich doch noch eine Gelegenheit,
ins Franziskaner zu kommen.