„Auf dem Bügeleisen“ und beim „Glockehiesle“

Fast schon vergessen –  1907 Bauplatz für das Romäus-Gymnasium

Wehrhaft und somit „fortifikatorisch“ gedacht: der Bau des „Bügeleisens“, dass die westliche Flanke gegen das Hubenloch schützen sollte.

Nur wenige Bürger werden es einst 1928 in Heft 17 des einstigen Baar-Vereins gelesen haben: “Grund und Boden sind ein hohes Gut… mit denen unser Dasein, unser Denken und Fühlen… in langer, wechselvoller Geschichte oft opfervoll verbunden war. Und so ist die bunte Mannigfaltigkeit seiner Namen auch das Spiegelbild der Heimatgeschichte.“

 

Der dies mit Akribie in den früheren 60er als Gemarkungs-Kunde aufgriff, war der lokale Ober-Vermessungsrat Hans Maier.

Ihm ist die Sammlung all jener Flurnamen zu verdanken, von denen er zu seiner Zeit annahm, dass viele von diesen der älteren Generation noch bekannt seien.

Und so benennt er mit Ziffer 54 „Auf dem Bügeleisen“, was jedoch mit Höhe oder Hügel so ganz und gar nichts zu tun hat. Handelte es sich doch um „eine aus dem Zuge der Stadtmauer  hervorspringende Schanze in halber Sechseckform, auch Sternschanze genannt“.

So war es einst ein ‚flankierendes Vorwerk‘ als Verstärkung auf der Südwestseite der Stadt, die vom Rücken des Hubenlochs mit schweren Geschützen militanter Angreifer leicht zu bedrohen war. Erbaut aus Quadern im Jahre 1684 übertrug sich der Name „Bügeleisen“ nach dem Abbruch im Jahre 1813 auf den „Wiesenplan zwischen Stadtmauer und Kalkofenweg“, gleich am unteren Ausgang der Zinsergasse.

Und so waren es die Jahre vor 1680, als die Geschütze wuchtiger und die Geschosse gefährlicher wurden und man sich „fortifikatorisch“ wie Freiburg und Breisach wehrhaft stärken wollte.

Schon zuvor hatte die Villinger vier Pulver-Rondelle errichtet, da man in der Folge auf die Niederlage Maximilians I. im Juli 1499 im Schweizerkrieg eine aggressive und zerstörerische Revanche der Schweizer Truppen fürchtete.

Eher schon vergessen, das südwestlich gelegene Gewann „auf dem Bügeleisen“, für das man sich entschied, als man 1906/1907 das neue Real-Gymnasium (rechts) baute.

Verblieben sind von einst jedoch nur zwei historische Gebäude, die an die Geschichte erinnern: das Pulvertürmle im Kaiserring und das ‚Glockehiesle‘ bei der Zinsergasse, das auf dem Fundament eines der ehemals vier Rondelle steht. Und eben dort baute man nachbarlich zum Romäusturm die benannte „Sternschanze“, die die Villinger ihrer kantigen Form wegen „Bügeleisen“ nannten.

Doch von großem militärischen Nutzen war dies nicht, denn schon 1744 erkannte man für Villingen, dass es besser sei, sich den anrückenden Franzosen unter Marschall Belleisle zu ergeben, statt die Stadt einem zerstörerischen Angriff auszusetzen: die Franzosen räumten das Zeughaus, requirierten auch die wehrhafte Ausstattung der vier Pulver-Rondelle und brachten die Beute nach Breisach. Damit galt die zweifelhaft gewordene Festung Villingen als „perdue et fini“.

Bedeutung erhielt das Gewann beim „Bügeleisen“, als 1872 das dortige Pulver-Rondell abgebrochen wurde und auf dessen Grundmauern der Glockengießer Benjamin Grüninger eine neue Gießerei erbaute, die er bis dato am Keferbergle betrieben hatte.

Ob Grüninger damit auch verhinderte, dass zwischen Bügeleisen und Zinsergasse die einstigen Wehrbauten zum Steinbruch für jedermann  wurde, darf angenommen werden. Auch wenn diese „kulturelle Seuche“ um 1834 von der Stadtverwaltung gar genehmigt oder wenigstens geduldet wurde.

Längst zum Wohnhaus geworden, das ehemalige ‚Glockehiesle‘ des Benjamin Grüninger, das auf den Fundamenten eines früheren Pulver-Rondells ruht.

Der Villinger Hobby-Historiker und Romanautor Hermann Alexander Neugart schrieb recht poetisch über das nahe „Glockenhiesle“: „…aus dem verfemten Kriegspopanz war ein Sinnbild des Friedens geworden.“

Längst dient das markante drei-stöckige „Hiesle“ mit der ovalen Fassade dem privaten Wohnzweck, von wo aus Schulkinder gar in Hausschuhen ins nahe Gymnasium hätten schlurchen können. Denn in den Jahren 1906 hatten die Villinger entscheiden, „auf dem Bügeleisen“ das neue Real-Gymnasium zu errichten, über dessen Entwürfe und die zu dichte Nähe zu den Ringanlagen einst heftig diskutiert wurde.

 

2 Gedanken zu „„Auf dem Bügeleisen“ und beim „Glockehiesle““

  1. „Eine neue Bedeutung erhielt das Areal beim „Bügeleisen“,
    als 1872 das dortige Pulver-Rondell abgebrochen wurde
    und auf dessen Grundmauern von der Glockengießer Benjamin Grüninger
    eine neue Gießerei erbaute wurde, die er bis dato am Keferbergle
    betrieben hatte.“

    Doch das ist falsch!

    Josef Benjamin Grüninger und Georg Adelbert Grüninger erstellten
    im Hof des von ihnen im November 1872 erworbenen früheren Amtshauses
    Bickenstraße 24 eine neue Glockengießerei.
    Die Verlagerung der Gießerei vom Käferberg zum „Bügeleisen“ erfolgte bereits um 1787!

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    • Tja, Herr Ketterer, jetzt erklären Sie uns aber noch,
      was es mit dem Glockehiesle auf sich hat, das noch heute
      und seit Jahrzehnten der wohnlichen Nutzung dient!

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