Eine adaptierte Betrachtung nach Franz Kleinbölting
Deutlich im Abseits des lokalen Alltagsverkehrs liegt das Haus Wehrstraße 3 direkt an der nördlichen Brigach mit Sitz und Betriebsstäte der Druckerei Leute. Jüngst nun (Oktober 2022) wurde ein Foto der Fassade mit auffälligem Schriftzug zur Quizfrage der VS-Stadtführer, die dann auch deshalb beantwortet werden konnte, weil die Geschichte des Hauses bereits 2020 im Schwarzwälder Bote erschien und nun von Franz Kleinbölting ergänzt wurde.
Als eines der „Schlössle“ am Brigachufer mit Turm und Erker ist das verspielt gebaute Bürgerhaus seit langem das der Familie Leute.
Und wem es vergönnt ist einzutreten, der erkennt in blütenweißem Treppenaufgang sofort auch den „Treppenengel“, von dem man glaubt , er könne von einst wild tobenden Kindern erzählen.
Versteckt hinter weiteren stattlichen Gebäuden der Mönchweiler Straße markiert das Villinger Bürgerhaus der Druckerei Leute noch immer den Charme der Gründerzeit.
„Als wir begannen, uns einzurichten, sah ich überall seltene Schmetterlinge, aufgespießt hinter Glas, und wir entdeckten ganze Stapel Bündel mit Musiknoten“, erinnert sich Elvira Hellebrand, Tochter des Walter Leute sen.
Der Buchdruckermeister erwarb das Haus 1952 von einem Herrn, der der Familie bis heute als Regierungsdirektor Bleyer in Erinnerung ist.
Noch immer geheimnisvoll blieben bleiben auch die Freimaurersymbole über dem Türsturz des historischen Eingangs und ein steinernen Hund, den man auf dem Speicher entdeckte und der einst wohl einer der Dachwölbungen abschloss.
Die Druckerei von einst wurde später um einen zeitgerechten Anbau erweitert, um den erforderlichen modernen Maschinen ihren Platz zu bieten.
Bis zum Tod von Walter Leute verging kein Jahr, in dem nicht etwas erneuert wurde, so Edda Leute, und bemerkt, dass die Familie auch schon mal geplant hatte, auf der grüne Wiese zu produzieren. Doch selbst die Kunden wollten nicht, dass man sich von dem charaktervollen Haus trenne.
Und so beweist die erste eigene Druckpresse im Treppenaufgang und noch immer den Stolz von einst und auf ein vergangenes Jahrhundert.
Die einstigen Maschinen für den Bleisatz gingen jedoch an eine Privatsammlung und sind auch Gutenbergmuseum zu bestaunen.
Die Villa als „Schlössle“ überzeugt bis heute mit Erker und Turm und mit Fachwerk, mehrfarbig verziert die Schnitzereien und mit Gold angehaucht.
Entworfen und erbaut wurde das Anwesen 1907 von Architekt Berthold Naegele, der es mit Blick auf das Ensemble mit dem Nachbarhaus geplant hatte.
Zum Ambiente an der Wehrstraße gehört wegen des früheren Inselcharakters um die Naegele-Villa zwischen Brigach und einstigem Gewerbekanal gehört heute ein kleiner Bachlauf der dem früheren „Inselhof“ nachempfunden wurde.
Jenem Ort, an den sich Elvira Hellebrand erinnert, weil sie „während der Kindheit beim Inselhof die Milch holte“, wo heute das Insel-Parkhaus steht.
Der Druckereibetrieb bei den Leutes hält an; die Inhaberin Edda Leute, wohnt seit 1999 im ausgebauten Dachgeschoss.
Seite einer Innenrenovierung in 2009 erstrahlt auch der Treppenaufgang zu den privat genutzten Obergeschossen im alten Glanz.
Eine Vitrine dort gilt als Schuck-Mobiliar aus der Gründerzeit, das lange auf dem Speicher verstaubte, weil es der Familie als „altmodisch“ vorkam. Und so erhielt auch das „Engele“ am unteren Treppengeländer ein neues makelloses Makeup.
„Hier sind wir Kinder immer runtergerutscht, bis der Engel fast total abgewetzt war, und Mutter Edda ihm dann ein Hut aus Papier aufsetzte.“
Franz Kleinbölting, der Quizfrager, ergänzt, dass Elvira eine Jahrgangskollegin von ihm sei, von der er auch erfuhr, dass der einstige Bauherr 1907 ein Architekt des Hauses Fürstenberg gewesen sei.
Der erwähnte landwirtschaftliche Inselhof ist in den 50er Jahren abgebrannt ist.
Bärbel Brüderle schließt sich an und bemerkt, dass es an der Wehr- und Mönchweilerstraße einige schöne Häuser mit Elementen des Jugendstil gebe. War doch auch das Leute-Haus bereits Objekt bei einer ihrer Sonderführungen für die Mundartgruppe zum Thema „Kunst am Bau“. Und auch in der Gerwigstraße konnte man einst einen Segensspruch an der Fassade lesen, der aber inzwischen und leider übermalt worden sein.