Das Kornhaus Villingen – 1828 Abbruch von Staats wegen

geschildert nach einem umfangreichen Text von Albert Fischer

Als um 1825/26 das alte Kornhaus in der Oberen Straße zum Abbruch ausgeschrieben und an den Meistbietenden, den Maurermeister Johann Ummenhofer, zum Preise von 412 Gulden versteigert war – der Anschlag hatte 390 Gulden betragen – galt für den Käufer eine Frist für den Abbruch und das Wegräumen der Baumaterialien von drei Wochen.

Zeichnung von Wöhrlin

Die Steine, soweit sie nicht mehr zu anderen Bauzwecken verwendbar seien, sollten zum Auffüllen der Schwenninger Straße von der Bickenkapelle bis zum Schwenninger Brünnele dienen, während die noch brauchbaren Türen, Fenster und Beschläge an das Stadtbauamt abzutreten seien.

Für den geforderten Abriss und ein Kornhaus an anderer Stelle statt in der Oberen Straße war damals auch bestimmend, dass es mitten in der Straße stand und damit den Verkehr hemmte. Denn die Frachtfuhrwerke, besonders  aber der Postfuhrwerke, die von Triberg her nach der Schweiz über die Obere Straße kamen, mussten durch das Kornhaus hindurch fahren, was  insbesondere an den Marktagen störte.

Die Obere Straße war zu jener Zeit zugleich auch Staatsstraße, weshalb das Kornhaus zu Hälfte auf staatlichem und auch auf Gemeindegrund stand. Damit war klar, dass der Staat darauf drängte, dieses Verkehrshindernis zu entfernen. Das Ministerium in Karlsruhe erklärte sich sogar bereit zum Abbruch des Kornhauses einen Betrag von 500 Gulden beizusteuern und das Abbruchmaterial vollständig der Stadt zu überlassen. Überraschend war dann, dass man statt 500 Gulden nur noch 300 bot.

So wurden denn im Jahre 1826 der Abbruch des Kornhauses in der Oberen Straße und die Verlegung des Fruchtmarktes an einen geeigneten andern Platz beschlossen.

Rietstraße mit altem Kaufhaus rechts

Als zukünftige Kornhalle war die alte Spitalscheuer auf dem nördlichen Münsterplatz vorgesehen, die später zum Ökonomiegebäude der Brauerei Faller wurde.

Eben diese Scheuer war frei geworden, als nach der säkularen Aufhebung des Franziskanerklosters das Heilig-Geist-Spital von der Rietstraße, später Altes Kaufhaus, neben das Riettor kam und dieses ins Eigentum der Großherzoglich Badischen Straßenbaudirektion geriet.

Weil sie aber nicht genügend Raum geboten hätte für ein anderes Kornhaus, sollte noch die daneben liegende „Schwanen-Scheuer“, später „Rabenscheuer“, auf dem Münsterplatz dazu genommen werden.

Postkarten-Ansicht

Doch diese Scheuer, bisher im Eigentum des Spitals, war von der Stiftungs-Kommission an den Rabenwirt Ummenhofer verkauft worden. Der nun wäre bereit gewesen, den Kauf rückgängig zu machen, wenn man ihm seinen Aufwand erstatte.

Doch die Idee scheiterte, weil die beiden Gebäude ungenügende Lichtverhältnisse boten.

Und als neue Idee kam auf, die Rathaus-Scheuer [ein Bau, dessen Fläche später der Polizeiwache und weit später zum Münsterpfarramt wurde] und zusätzlich das Erdgeschoss des alten Rathauses (spätere Spitzenremise) als Fruchthallen zu nutzen.

Doch auch dieser Plan wurde aufgegeben und man fasste den Beschluss, das freie Spitalgebäude in der Rietstraße umzubauen. [Eine Maßnahme, bei der wohl auch die Spitalkapelle profaniert und entweiht wurde, in der nach Überlieferung der Villinger Legionär und Lokalheld Romäus nach dessen Tod in der Schlacht von Novara hierher verbracht worden war, dessen Hellebarde sein Grab geschmückt haben soll, die als Relikt bis heute in der städtischen Sammlung aufbewahrt wird.]

Altes Hl. Geist-Spital, später Feuerwehrhaus

Gegen die Neuerung und gegen den Abriss drängten ganz besonders die Wirte Mayer vom „Wilden Mann“, Cammerer von der „Sonne“, Ummenhofer vom „Raben“, Dold vom „Hecht“ und die Witwe Riegger, Wirtin vom „Löwen“.

Doch auch eine zweite Eingabe der Kaufleute Carl Butta und Heinrich Rock mit Sonnenwirt Cammerer blieb erfolglos – wie auch eine dritte nach Karlsruhe, unterzeichnet vom Kornhausverwalter Willmann und den Müllern Rieger, Kuth und  Ackermann, Inhaber der Herren-, der Kuth- und der Ölmühle.

Um nun  die Gemüter in der Oberen Straße zu beruhigen und um wenigstens einen besonderes Stück des Kornhauses in ihrer Straße zu retten, machten die Anwohner eine Eingabe an die Stadtgemeinde, es möge die alltags gewohnte Turmuhr des bisherigen Kornhaueses auf dem Obere-Tor-Turm eingebaut werden.

Doch diese Uhr war schon für den Turm der Benediktinerkirche vorgesehen und deshalb bereits bei Uhrmacher Mathias Stocker in Revision.
Das bedeutete, die bisherigen zwei Zifferblätter der Kornhausuhr wurden für vier Seiten am Benediktiner geändert.

Bekanntlich war die ursprüngliche Turmuhr der Benediktinerkirche samt dem schönen Glockenspiel bei der säkularen Aufhebung des Klosters nach Karlsruhe verbracht worden.

Bild in Malkreide von Oloff

Damit den Obere-Sträßlern aber dennoch ihr Verlangen nach einer Uhr auf dem Obertorturm erfüllt wurde, erhielten sie die Turmuhr des ehemaligen St. Johanniterklosters, die seit Schließung desselben im Kloster St. Ursula aufbewahrt  war, worauf auch diese Uhr von Uhrmacher Mathias Stocker revidiert worden war.

Nach langen Verhandlungen wurde schließlich das freigewordene alte Spitalgebäude, das war und ist das heutige Alte Kaufhaus in der Rietstraße, das durch Tausch an die Stadt abgetreten worden war, zu einer Fruchthalle umgebaut (später NS-Parteibüro, Feuerwehrhaus, heute Buchhandlung und Bekleidungsgeschäft mit Büros der Stadtverwaltung; Anm. der Red.).

Dieses gut erhaltene Gebäude war erst zur Errichtung einer Knabenschule bestimmt gewesen. Es hatte sich aber nach Meinung der Baukommission hierzu nicht geeignet, weil die richtige Stockhöhe fehlte und die Fenster zu niedrig waren.

Aus diesem Grunde wurde von dem Vorhaben Abstand genommen und die geplante Knabenschule wurde in das durch Kauf an die Stadtgemeinde übergegangene Gebäude des aufgehobenen Benediktinerklosters verlegt, während das Gymnasium, das wieder staatlich genehmigt worden war, in das ehemalige Gymnasium-Gebäude des Benediktinerklosters verlegt wurde, in dem später die erste Handelsschule lehrte ist.

Das alte Spitalgebäude sollte nun mit 640 Gulden zur Fruchthalle umgebaut werden.

Ein hoher Betrag, der einigen Bürgern zu hoch erschien und sie deshalb nochmals eine Eingabe an den Stadtrat machten, er möge das Vorhaben mit Rücksicht auf die schlechte Vermögenslage der Stadt bei dem alten belassen und von dem Abbruch des alten Kornhauses Abstand nehmen. Doch auch diese Eingabe wurde abgeschlagen.

Man begann, das Spitalgebäude  umzubauen, allerdings nicht in seiner ganzen Größe, sondern nur ein Teil. In einem Seitenflügel wurde das Büro für die städtische Buchhaltung eingebaut, in den andern ein Aufenthaltsraum für die Nachtwächter der Stadt, um auf diese Art nachts einen Wächter in der Nähe zu haben.

Und so fügte sich wohl alles in Ruhe und Ordnung…

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