Der Aussichtsurm (IV)

Auch zwei Jahre nach Eröffnung des Aussichtsturmes auf der Wannenhöhe im Jahre 1888 war die Begeisterung über bei den Turmbau-Genossen und ihrem Sprecher Hubert Ganter ungebrochen. Man war fest entschlossen, die Stadt Villingen mit einer Broschüre in die Reihe der „Europäische  Illustrieren Wandbilder“ aufnehmen zu lassen. Bei Orell, Füßli & Cie. in Zürich sollte das Werk für 4 000 Mark gedruckt werden, um die Bedeutung Villingens vorteilhaft bekannt zu machen. Große Plakate sollten die Wirkung ergänzen.

Turm, Turm und immer wieder Turm: für die Villinger bedeutete der Koloss Freude, Zuversicht, aber auch jede Menge finanzielle Schwierigkeiten; bis er schließlich zum halben Bau-Preis an die Stadt verkauft wurde.

Doch die Antwort des Gemeinderats im Mai 1889 auf den Antrag von 39 Mitgliedern des Bürgerausschuss auf Mit-Finanzierung war ultimativ: „…sind dieselben zu unterrichten, dass auf ihr Gesuch nicht eingegangen werden könne.“

Die Genossen aber blieben hartnäckig! 

 Dann halt nur Plakate, an deren Kosten sich die Spar- und Waisenkasse mit Fürsprache durch den Bürgerausschuss mit Mitteln aus früheren Jahres-Überschüssen beteiligte.

 

Als Erfolg wertete Hubert Ganter das Geschäftsjahr 1888/89 für die Turmbau-Genossenschaft, nicht zuletzt auch deshalb, weil man aus den Eintrittsgeldern für die Besteigung des Turmes eine Dividende auf die Anteilscheine von 3 Prozent oder eben 6 Mark zahlen konnte, womit auch der Stadtkasse 18 Mark wegen dreier städtischer Anteile „überliefert“ werden konnten.

 

 

 

 

Mit 3 000 Plakaten wollte man Villingen europaweit bekannt machen. Doch für die Order nach Zürich klemmte es in der Genossenschaftskasse.

Als eindeutig „wirkungsvoll, wahrheitsgetreu und geschmackvoll“ galt dann auch der Entwurf für die Plakate aus Zürich, von denen man eine erste Auflage von 3000 Stück für jeweils 60 Pfennig bei  einem Zuschuss der Stadt von 600 Mark orderte. Doch die Genossen kamen finanziell immer deutlicher in Verlegenheit. Die Finanzierungsbemühungen für die Plakate machten deutlich, was Kassier Dold schließlich 1894 gestehen musste:

„…wegen namhafter Vorkommnisse im Vorjahr 1893, seien er und Ganter in der Besorgung des Kapitaldienstes behindert gewesen….weshalb man auch  keine Mittel besitze, um die Kredite für die hoch gelobten Plakate leisten zu können…. Und schließlich, so Dold an den Gemeinderat, mache Rost dem Turm zu schaffen, was einen stark notwendigen Anstrichs erfordere. Er endete wohl formulierend: Auf Ihren bewährten Großmut bauend, sehen wir Ihrer gütigen Entschließung entgegen.“

 

 

Ganters Tod belastet die Genossenschaft (siehe an anderer Stelle)

Als Heinrich Dold im Jahre 1896 auf Ganters Tod Vorstand bei den Genossen wurde, galt weiterhin als Tatsache, dass die finanzielle kritische Lage weiter zu sanieren sei. Kam doch heraus, dass die Plakate zwar Aufsehen und Reklame für die Stadt gemacht hätten, dass aber noch immer …1200 Stück aus der ersten Serie auf dem Rathaus liegen, die ersticken und versporen, wenn man diese nicht fortschaffe…

Mit dem erneuten Vorstandswechsel auf C. Görlacher sen. blieb der Turm auch nach der Jahrhundertwende beliebtes Ausflugsziel, was auch durch Stadtbauamt und Forstamt mit getragen wurde. Ging es doch um Aufforstung sowie den Gehölz-Einschlag am Turn, dessen Holzverkauf den Aufwand decken würde.

Inzwischen waren aber die Genossen der ersten Stunde 20 Jahre mit dabei, deren Turm ihnen  inzwischen als Belastung galt. Zwar konnten Dividende zwischen zwei und vier Prozent bezahlt werden, doch die Amortisation blieb aus. So kam es zum Beschluss: Verkauf des Turmes zu 150 Mark je Anteil statt des Nennwerts von 200. In Görlachers Schreiben an die Stadt hieß es…sind doch die Mitglieder ältere Herren, die sich auch geschäftswegen mit der Controlle nicht mehr befassen können.

Bürgermeister Dr. Braunagel wehrte jedoch das Kaufangebot entschieden ab  und war wohl entschlossen um das Objekt zu feilschen: Man möge den Turm weiter unter der Aufsicht der Genossen führen oder aber ihn zum halben Wert der Anteile zu verkaufen… Doch weder in 1909 noch im Jahr darauf hatte die Stadt ausreichend Geld für einen Ankauf. Schließlich wurde man sich im Januar 1911 einig:  Auf drei Jahre in Folge werden die 32 Anteile der Genossen zu  100 Mark übernommen; den bisherigen Genossen wird auf Lebzeiten das Recht zugesprochen, mit Frau und unverheirateten Kindern unter 12 den Turm bei eigenem Schlüssel unentgeltlich besuchen zu können.

Danach kamen unendlich geduldige Stunden für einen Amtsdiener namens Albert Oberle; ihm als Turmmeister baute man eine Schutzhütte am Turm und er erhielt als Tagelöhner die Hälfte des Eintrittsgeldes von 20 Pfennig; drei Pfennig je Billett gingen an den Wirt der naheliegenden Gaststätte „Hohenzollern“ als Vorverkaufsstelle. Oberle war auch für die sorgfältige Nutzung des Fernrohr hoch oben auf dem Turm verantwortlich.

Für Stadtrat Grüninger war dann spätestens im Juni 1913 klar: Kosten und Einnahmen aus dem Turmgeschäft sind gleich hoch, weshalb man den Zutritt ab Oktober frei gab.

Nahe am Turm lag die Wirtschaft zur Burg Hohenzollern; der Wirt und seine Töchter verkauften gegen Gebühr Billette an Kurgäste, die zum Aufstieg auf den Turm berechtigten.

 

Juristisch wurde es interessant, als man bei der Stadt als neuer Eigentümerin des Turmes feststellte, dass die Genossen von 1888 weder im Genossenschafts-, noch im Vereins- und auch nicht im Handelsregister eingetragen waren. Während der Kriegszeiten 14/18 galt der Turm als verschlossen, was aber nicht verhinderte, dass er zum „Tummelplatz für allerlei Unfug der Jugendlichen wurde“.

In den 20er Jahren war der Turm dann noch immer für „große Menschenmengen“ attraktiv; eine nur geringe Beschädigung  mache nicht erforderlich den Turm zu schließen. In Wirklichkeit war in den Inflationsjahren kein Geld da, den Turm zu sanieren.

Unfug und Übermut bei Jugendlichen

So blieb es Jahre ruhig um den Turm, sieht man vom Antrag eines Erwin Pfeiffer im Mai 1926 ab, der „als geborener Villinger“ ein Gesuch stellte, ihm den Turm zu überlassen. Doch ohne nähere Begründung, zu welchem Behufe, war eine Pacht ausgeschlossen!

In den 30-er Jahren gehörte die Aufsicht am und um den Turm zu den Aufgaben des Feldhüters Obergfell. Er meldet einmal schriftlich mit nationalem Gruß: Mit Rücksicht auf die weilenden Kurgäste habe er dem Unfug, dem Geschrei und dem Getrampel der Jugendlichen Einhalt geboten.

Auf das Turm- Jubiläum 1938 folgen in den späteren Jahrzehnten dann nur noch vereinzelte Schlagzeilen:

* Juli 1974: Josef Simon baut aus 2 900 Zündhölzern während 200 Stunden eine Turm-Miniatur.

* April 1979: für 65 000 Mark soll der „Lange Lulatsch“ wieder auf Vordermann gebracht werden;

* Juli 1980: Stadtrat Paul Riegger hatte initiiert, dass am Turm ein Festpavillon gebaut wird; die Zeit der klebrigen Bierkrüge bei Waldfesten am Turm scheint vorbei;

* Juli 1987: Fest-Lärm von der Wanne wird wegen ‚Elektrischer Musik‘ als Übel empfunden;

* Sommer 1988: Der Turm steht – eisern!

* September 2001: mit der Spenden-Aktion „Rettet den Aussichtsturm“, initiiert von Ehrenbürger Ewald Merkle, gelang es der Stadt mit breiter Unterstützung aus der Bevölkerung, den Turm zu sanieren.

 

 

 

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