Einst stand er beim Marktplatz – heut‘ im Abseits, doch nicht vergessen – Blume-Wirt Baron Grechtler stiftete Nepomuk-Altar und namensgleiche Kapelle
Es waren die 50er- und frühen 60er-Jahre, als die Buben des Wohnquartiers „Westbahnhof“ ihre Abenteuerlust zur Freizeit am Sägebach zwischen ‚Säge Beha‘ und ‚Säge Storz‘ auslebten. Stets stumm beobachtet vom Brücken-Heiligen Nepomuk an der Ecke Schillerstraße/Martin-Luther-Straße/Goethestraße.
Dass nach dem Brückenheilige am ortsbekannten Sägebach auch noch eine Straße benannt ist, war nicht immer so, denn sein Platz war ursprünglich die obere Niedere Straße, wo er ab 1711 die Bürger an die Wasser-Belagerung von 1634 durch die Schweden erinnern sollte.
Den Auftrag dazu hatte der Bildhauer und „Lilie“-Wirt Johann Schupp ohne Wissen des Rates der Stadt vom öster-reichischen Gesandten in der Schweiz, Graf Franz Ehrenreich von Trautmannsdorf bekommen.
Der Habsburger Gefolgsmann war ein glühender Verehrer des Heiligen, der den Villingern ein langlebiges Geschenk „für ihre wackere Haltung während der Belagerungen durch Villars und Tallard“ im Jahre 1704 machen wollte. Gleichzeitig als Erinnerung an die schwedischen Belagerer die 1634 „die Villinger ersäufen wollten“.
Der Brückenheilige
Über Johannes Nepomuk, den späteren Brücken-Heiligen, berichten Chronisten, wohl deutlich verklärt, dass er von König Wenzels Gemahlin zu deren Beichtvater erwählt wurde, worauf ihn der König aufforderte, das Beichtgeheimnis zu brechen. Doch Nepomuk weigerte sich, was ihm Folter einbrachte und man ihn in der Moldau ertränkte.
Auf wundersame Weise sei die Moldau an der Selle ausgetrocknet, und als auch der Königin traumhaft fünf Sterne erschienen machten dies möglich, das Opfer zu bergen und beisetzen zu können. Noch heute markiert eine Marmorplatte an der Karlsbrücke den angeblichen Fundort. Doch hält sich auch die „historisch richtigere“ Legende, dass man Johannes im Streit zwischen König Wenzel und dem Prager Erzbischof Jenzenstein am 20. März 1393 gefangen nahm, ihn folterte, der König ihn selbst mit Pechfackeln durch die Straßen schleifen ließ und man ihn in der Moldau ertränkte.
Der Magistrat bedankte sich dann im Jahre 1711 auch artig für die Nepomuk-Statue beim höfischen Gesandten,
als diese schließlich nur 50 Schritte vom Marktplatz entfernt erstellt worden war.
Nur wenige Jahre später begehrte im Januar 1726 ein Mann aus Kippenheim das örtliche Bürgerrecht: der gelernte Metzger und Kaufmannsdiener Hans-Georg Grechtler, der „des Bürgermeister Ganser Jungfrau Tochter zu heiraten gedachte“.
Grechtler hatte unglaubliches Fortune in der Stadt, kauft 1729 den Gasthof „Blume“, lässt dort Spielleut‘ zum Tanze auftreten, was ihm allerdings mehrfach eine Geldstrafe einbringt.
Er wird reich, sehr reich mit landwirtschaftlicher Produktion und für durchziehenden kaiserlichen Truppen als deren Proviant-Kommissar.
1737 stiftet er mit seinem Partner, dem Handelsmann Gottlieb Schubart, 162 Gulden für einen Nepomuk-Altar, und als er auch noch Baron und k.u.k Reichs-Freiherr wurde, ließ er 1750 sogar eine Nepomuk-Kapelle vor dem Oberen Tor bauen.
Dieser waren jedoch nur 60 Jahre Bestand beschieden, bis der sakrale Bau 1840 entweiht und abgebrochen war und das Gelände zur Ziegelhütte wurde.
Bereits 1827 hatte man das Kaufhaus mit Tanzlaube mitten auf der Oberen Straße abgerissen und in jenen Tagen auch die Nepomuk-Statue für unbestimmte Zeit „versteckt“.
Bis 1833 der Müller Dominikus Kaiser die Statue vor seiner Langen-Mühle am heutigen Platz wieder errichten zu lassen und ließ in die Stele ein Poem des Dirigenten der ersten Stadtmusik, dem Chorregenten Fidelis „Fidel“ Dürr, einmeißeln, das die politische Haltung konservativer Kreise spiegelt (siehe).
Gemeißelt in den Sockel der Nepomuk-Statue das Poem des Villinger Chor-Regenten „Fidel“ Dürr:
Verse, die die Vergänglichkeit der Welt und die Veränderlichkeit von Herrschaft zum Ausdruck brachten:
„Nach frommer Väter Sitte,
Im Glauben an ein höh’res Walten,
Ziert‘ ich Villingens Mitte,
Ward von den Bürgern hochgehalten.
Als dieser Glaube ward erschüttert,
War auch Entbehrlichkeit mein Loos,
Doch steh‘ ich fest, wenn alles zittert, Natur!
-In deinem Schooß.“
So wurde seit alters her die Statue von den Besitzern der „Langen Mühle“, den Familien Beha, behütet,
wurde mehrfach erneuert: 1864, 1898, 1957, 1973 und schließlich 2009 durch die großzügige Zusage der Senior-Chefin Hannelore Beha.
Bis heute sind es immer wieder Anwohner am „Westbahnhof“, die den Brückenheiligen am Sägebach mit Blumen schmücken, was manchem Passanten auch ein Zeichen für lokale Geschichte und Andacht vermittelt.
Dichtete das vaterländisch-konservative Poem auf der Stele des Nepomuk- Denkmals: Fidelis „Fidel“ Dürr, erster Chorregent der ersten Stadtmusik Villingen von 1810 bis 1821.