Drei, vier Jahrzehnte nach 1945 war Bahnfahren noch immer eine gediegene Sache. Da scheuten sich auch die Villinger nicht, den Onkel Karl Schmieder zu besuchen, der einst für den FC 08 kickte und für die SABA in der Hansestadt Hamburg mit großem Erfolg tätig war, samt dessen Frau Clara, ebenfalls um 1910 in Villingen gebürtig. Doch das neue Zeitalter mit der Technik der Eisenbahnen, ihrer Güter- und Personenbeförderung, hatte für Villingen natürlich schon viel früher begonnen.
Denn mit der dampfenden, qualmenden und rußelnden Bahn war man zweifelsfrei schneller als mit der Kutsche. In Villingen bemühte sich deshalb der Gemeinderat schon seit den 1840er Jahren um einen Bahnanschluss.
Am 6. Juli 1869 war dann Grund zur Freude. Nach langem und zähem Ringen rollte die erste Lokomotive mit ihren Waggons auf der Linie Villingen-Konstanz in die Stadt ein.
Den Bahnhof hatte man östlich der Brigach angelegt, obwohl man dereinst den ersten Bahnhof in den Westen beim Riettor legen wollte, weshalb das Quartier zwischen Goetheplatz und Vöhrenbacherstraße bei Einheimischen noch heute als „Westbahnhof“ gilt.
Am 15. August 1869 folgte dann auch die Verbindung Singen-Villingen, als auch der Abschnitt von Donaueschingen bis Villingen trassiert war.
Noch im August 1869 war auch die ein-gleisige Strecke Villingen-Schwenningen- Rottweil betriebsbereit.
Doch erst am 1. November 1873 konnte die gesamte Schwarzwald-Bahn eröffnet werden. Waren doch kriegsbedingt 1870/71 die Arbeiten zwischen Hausach und Villingen ausgesetzt worden.
Als Großereignis für Villingen propagierte man den 15. August 1869. Bereits am Vorabend zelebrierte die Kapelle des Großherzoglich Badischen 5. Infanterie-Regiments einen großen Zapfenstreich.
Der eigentliche Festtag wurde mit Salven aus mehreren Geschützen „reveilliert“. Von 10 Uhr 30 bis halb 12 spielte die Militär-Musik auf dem Marktplatz. Um Halb Eins versammelte man sich „auf dem Rathaus-Saale“, um anschließend mit den örtlichen Honoratioren und der Bevölkerung im Festumzug zum Bahnhof zu ziehen.
Dort wurde um 13 Uhr 30 der Eisenbahnzug aus Donaueschingen erwartet.
Und wieder fand danach auf dem Marktplatz die kurze Begrüßung der auswärtigen Festgäste statt.
Um 16 Uhr wurde ein Festbankett eröffnet, wozu man „in die hierzu festlich verzierte Güterhalle bei dem Bahnhof mit Militär-Musik und Gesang des hiesigen Sängerbundes“ eingeladen hatte.
Stolz hatte man in Villingen einen eigenen Bahnhof errichtet mit Bahn-Inspection, Güter-Expedition, Loko-motiv-Remise und einigen zugehörigen Dienst- und Wohngebäuden auf der Nordseite des heutigen Villinger Bahnhofsgeländes an der Güterbahnhofstraße sowie nahe der „Marbacher Brücke“ beim heutigen Arbeitsamt.
Erst später zog die Bahnhof-In-spection ins badische Stationsgebäude; die separate Güterabfertigung, mit ihrer Rampe für Koffer und Sperrgut auch für den Publikumsverkehr, bestand noch bis zum 1. Juli 1905.
Die Lokomotiv-Station, die seit dem 1. November 1869 existierte, wurde am 1. November 1873 zum Bahn-Betriebswerk und bestand bis zum 1. Oktober 1977.
Das allererste Bahnhofsgebäude reichte jedoch bald nicht mehr aus. Man ersetzte es 1889/90 durch einen steinernen Neubau, dessen Hauptgebäude mit historischer Klinker-Fassade bis heute existiert.
Schon 1887 wurde ein Bahn-Betriebsamt gebaut und das bis damals genutzte Aufnahmegebäude wurde zum Magazin.
Immer wieder wurde an den Bahnanlagen und an den Gebäuden bis 1914 viel erneuert, erweitert und umgestaltet.
Fuhr die Bahn zunächst nur eingleisig ein und aus, wurde bald ein zweites Gleis trassiert.
Auch wenn dadurch Probleme auftraten, die von 1908 bis 1927 dauerten.
Doch bereits 1907 wurde der Peron mit Gleis I überdacht. Es blieb allerdings lange eine Gefahr für die Reisende, auf Gleis II zu gelangen, weil man dazu die Schienenkörper. überqueren musste.
Noch war der zweite Bahnsteig nicht oder nur bedingt überdacht, doch diskutierte die II. Kammer der badischen Ständeversammlung 1912 darüber, eine Fußgänger-Überführung und gar einer „Schirmhalle“ bauen zu lassen.
Zwischen dem Gemeinderat Villingen und der Großherzoglichen Generaldirektion der Badischen Staatsbahnen, der Betriebsinspektion Villingen, korrespondierte man bis zum Ergebnis im Januar 1918: „Die Bahnsteigüberdachung ist erstellt worden.“
Doch die un-komode fußläufige Verbindungen, die Geleise zu überqueren, monierte auch die lokale Presse: „Schlechte Verkehrswege auf dem hiesigen Bahnhof“ und auch außerhalb des Gebäudes, herrsche doch „drangvolle Enge beim Durchgang“.
Auch nach 1945 blieb der Bahnhof Reizthema, denn seit den 1950er Jahren erhofften sich die Villinger über die Bahndirektion in Karlsruhe ein neues Bahngebäude.
Doch weder bei der Post noch bei der Bahn geht bis heute leider nur Weniges schnell.
Das Verfahren lag auf Eis, bis 1964 wenigstens eine neue Schalterhalle begonnen wurde.
Seit November 1966 ist diese in Betrieb, der alte Mittelteil wurde entkernt; die Backstein-Fassade blieb.
Wurde auch schon 1936 an einen attraktiveren Bahnhofs-Vorplatz gedacht, gilt dessen Gestaltung nun schon seit Jahrzehnten als zeitgemäß, und auch der neue Busbahnhof ist längst akzeptiert.