Die Warenburg – nach Hermann Preiser

„In diesem Leben nicht mehr!“ war die wohl zweifelsfreie Antwort aus dem Städtischen Forstamt, als dessen Leiter nach Jahren ein weiteres Mal im Frühjahr 2020 gefragt wurde, ob denn der Gedanke noch akut sei, die Ruine Warenburg endlich zur Attraktion zu entholzen und die Artefakte vielleicht gar mit Hilfe engagierter Villinger unter Projektleitung des Landesdenkmalamtes endlich freizulegen.

Villingen mit der Warenburg – Kupferstich von Merian 1642

Wie aber die Reste einer ehemalige Burg ausgraben, deren Anfänge im historischen Dunkeln liegen. Ein ehemals kleine Burg, die erstmals 1325 in einem Rodel des Klosters Salem erwähnt wird und sie doch weit früher entstanden sein muss. Historische Aufzeichnungen sind jedoch entweder verschwunden oder wurden gar nicht geführt, weil die Villinger eh keine Burg in ihrer Nähe mochten.

Doch eines gilt als sicher: bei der Warenburg handelt es sich eine Zähringer-Burg. Ihre ‚forti-fikatorische‘ Funktion war die, das Brigachtal zu decken und den Marktplatz Villingen als herrschaftlichem Mittelpunkt zu ergänzen.

Erbrachte die fränkische Zeit noch keine Burgen und der Kaiser wohl solches Ansinnen mit Abriss sanktioniert hätte, hatten erst später Herzöge und Grafen ein Burgbau-Recht, das sie an strategischen Punkten und wirtschaftlicher Bedeutung ausübten.

Villingens Graf Bertold, der Marktgründer, um 999 hatte Berta von Büren aus vor-staufischem Geschlecht zur Frau und stand in besonderer Gunst des Kaisers.

Nach einer militärischen Rückkehr aus Rom betraute ihn sein Kaiser mit regional wichtigen Aufgaben. Nach seinem Tod 1005 trat Sohn Bezelin das Erbe an, den man als Bauherr der Warenburg gelten lassen könnte.

Bezelin war für den Kaiser viel unterwegs, während er seinen Marktplatz und die Burg  einem Gremium unterstellte. Er zählte zwischen 1015 und 1021  zum Gefolge des Kaisers, mit dem er in einer Heerfahrt nach Unteritalien zog. Dafür wurde ihm die Grafschaft Ortenau zu eigen, bis nach seinem Tod 1024  Sohn „Bertold II. mit dem Barte“ zum Stammvater derer von Zähringen wurde.

Doch auch Sohn Bertold II. war wohl nicht Erbauer der Warenburg, weil diesen mehr interessierte, den Breisgau zu erobern und er die  Burg Zähringen bauen ließ.

So wurde Villingens Warenburg also „von Unbekannt“ erbaut, östlich eines Höhenzugs, von Pfaffenweiler über das Tannhörnle und das Magdalenenberg bis ins vordere Brigachtal, eher kahl und baumfrei bei wenigen Eichen und niederem Gestrüpp, wo erst um 1840 aufgeforstet wurde.

Mit der Burg war auch die Herrschaft  über das Brigachtal mit Rietheim, Klengen, Überauchen und Grüningen verbunden, samt des Grundbesitzes um die Burg  mit vier Mühlen sowie einem Drittel des Korn-Zehnten aus Volkertsweiler und aus Sommertshausen.

Eigentlich stand dem niederen Adel eine solch eher bescheiden große Burg gar nicht zu, bestand doch als Tatsache, dass die einfache, die erste Siedlung Villingen im Jahre 999 bereits zum Marktort erhoben war.

Der Burg war jedoch kein langes Leben beschieden, nahm sie doch schon im „Villinger Krieg“ großen Schaden, wie im Fürstenberger Urkundenbuch benannt, als die Grafen von Fürstenberg mit dem Grafen von Freiburg in Fehde lagen.
Da die spätere Stadt Villingen nahe an diesem separaten Herrschaftsgebiet lag, hatte man wenig Interesse an einer Burg in nächster Umgebung.

Die Warenburg im 17. Jahrhundert, wie sie sich Paul Revellio einst vorstellte.

Als die Ausgaben der stets geldbedürftigen Herzöge vom Fürstenberg mal wieder nicht gedeckt waren, verpfändeten sie die Burg im Jahre 1336 für 400 Mark Silber an den Kriegsmann und Edlen Johann von Thierberg, die in der Erbfolge an dessen Sohn fiel. Schließlich wurde die Warenburg 1526 auch Pfandobjekt für Villingen und ging rechtlich an Österreichs herrschende Habsburger über.

Als es im Januar 1633 hieß, der schwedische General Horn ziehe gegen Villingen heran, steckte die Besatzung der Stadt unter Obrist Aescher den zugehörigen Burg-Hof samt Vorräten an Futter und Früchten in Brand.

Dazu berichtete der Rat, dass „es doch nur noch ein Burgstall sei, ein Haufen Steine ohne Dach.“ Seither diente das Ganze als Steinbruch. So überließ die Stadt 1556 die Burgreste und  die Güter dem hiesigen Armenspital, welches darauf einen Maierhof einrichtete.

Schlussstein mit Wappen der Warenburg, die 1633 noch vor der Belagerung durch General Horn abgebrochen wurde. Noch heute eingemauert am Gasthof Ott in der Färberstraße.

Als man 1892 bei Grabungen an der Ruine die Fundamente die einstige Größe des Gebäudes erkannte, vermutete man für das ehemalige Areal der Burg dann aber doch einen „Herrensitz“. In einer Urkunde gar als „Schloss“ bezeichnet, wie auch ein Stich von Merian die Ruine mit Stadtansicht aus 1643 zeigt.

Die Burg selbst galt immer schon als Warenburg, was wohl auf den Namen eines regionalen Rittersmannes namens Warin oder Waro zurückgehe.

Und so berichtete man am 16. August 1892 wie folgt:

„…Ausgrabungen im benachbarten Läuble liefern ein interessantes Ergebnis. Was nur als Erdwall, Schutt und Rasenhügel erschien, zeigt sich als Rest einer mittelalterlichen Burg, der Warenburg…umschlossen von festem Graben mit Mauer im Geviert von 58 Metern einer Seite… auch erhebt sich der Unterbau eines Geviert-Thurmes bis auf 6 Meter Höhe, Es fanden sich viele Ziegelstücke, Bausteine, einzelne Eisennägel, Scherben von zierlichen Tongefäßen, Stücke von grünglasierten Ofenkacheln mit zierlichen Ornamenten von  Landesknechten und weiblichen Figuren …dem 16. Jahrhundert und dem Maierhof zuzurechnen.“

Weiter heißt es damals: „Vor ungefähr 50 Jahren (um 1840) wurde das Gelände mit Tannenwald bepflanzt. Wünschenswerth ist nun noch die Ausräumung des Thurminneren und die Untersuchung der größeren Schutthügel, was sich mit ganz geringen Kosten ausführen ließe. Jedenfalls verdient das merkwürdige Bauwerk, das durch eine bequeme Weganlage zugänglich gemacht wird, einen Besuch.“

Heute (nicht erst seit 2022) sind die einst freigelegten Teile der Ruine längst überwuchert; auch von einem einstigen Turm ist nur wenig zu sehen. Lediglich auf der Westseite ragt die Umfassungsmauer noch knapp einen Meter empor.

Um jedoch das genaue Alter der Burganlage festzustellen, wäre ein tiefer Einschnitt notwendig, um Holzteile zu finden, an denen man das Alter dendro-chronologisch bestimmen kann.

So schreibt Hermann Preiser: „In den letzten hundert Jahren wurde die Ruine zum Tummelplatz der Villinger Buben, die sich einen Spaß daraus machten, Mauersteine loszubrechen und in den Graben hinunterkullern zu lassen“.
Und weiter: „Wenn schon im Moment an die ganz Freilegung der Ruine nicht zu denken ist, sollte man auf alle Fälle die Reste der freiliegenden Mauer durch geeignete Maßnahme vor dem witterungsbedingten Verfall schützen, und es wäre Aufgabe des Forstamtes, rings um die Ruine einen gut begehbaren Weg anzulegen und das hochgewachsene Gestrüpp zu entfernen, denn immerhin bildet die Ruine ein Relikt vom ältesten Bauwerk Villingens.“

Zum Namen Warenburg ist zu spekulieren, ob wegen der Villinger Denare, die hoch im Norden gefunden wurden, auf die hohe Bedeutung des Marktes Villingen und einen Fernhandel geschlossen werden darf. Villingens einst populärer Geschichtsforscher Hermann Preiser nahm an, dass Fernkaufleute vom Frühjahr bis in den späten Herbst unterwegs waren und im Winter einen festen Platz für ihre Warfen suchten. So auch auf Burgen.

Vielleicht könnte dieser Name so entstanden sein, denn im Mittelhochdeutschen Wörterbuch heißt „ware“  wie auch heute – Kaufmannsgut.

 

Mauern im Innern der Ruine Warenberg bei Villingen.

1 Gedanke zu „Die Warenburg – nach Hermann Preiser“

  1. Das Geheimnis der Warenburg zog uns Buben sehr an.
    Wir beschlossen einmal, nachdem wir in Heimatkunde bei Fräulein Ohnmacht davon gehört hatten,
    die Burg auszugraben.
    Damals war das Areal dicht mit Sträuchern etc. bewachsen,
    der Boden war verdichtet.
    Nach ein paar Löchern mit dem Spaten gaben wir aber enttäuscht auf.

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