Fasnet wie sie früher war

Albert Fischer öffnet 1914 und 1922 seine Sammlung – Ein wenig Trost zur Wehklage 2021 (I)

Die Fasnet 2021 wird schmerzvoll! Die Seelen vieler Narren leiden bereits jetzt seit Tagen! Der Humor entwickelt sich zur Apathie und Melancholie erfasst die Narren aller Couleur. Im Netz kursiert bereits die erste Ballade zur Melodie „Der Tag, an den dem Conny Kramer starb…“. An Dreikönig werden weder hunderte Narren das Schunkellied am Brunnen hören und es werden keine Mitwirkenden für die Bälle rekrutiert. Fasnet-Stüble wird es offiziell keine geben. Die Zuggesellschaft wird “online streamen“ mit Einzelteams aus den Narren-Vereinen aus VS-West und VS-Ost, und die Narrenzeitungen werden allenthalben mühevoll und vielversprechend vergangene Späßchen aufkochen. Manch einer glaubt, dass die Fasnet 2021 schlimmer werde als jene, die 1991 wegen  des Golfkriegs teilweise ausfiel.

Da fällt Trost schwer! Doch der Schwarzwälder Bote will ein klein wenig einen schriftlichen Ausgleich schaffen. Will wenigstens an jene Jahre der Altvorderen erinnern, als die frühe Fasnet vor 1920 die Tradition und das Brauchtum und die Ereignisse bestimmten, die damals schon „Events“ waren ohne, dass man „das Event“ kannte.

Wenn die Erinnerung die einstigen Ereignisse zur Nostalgie verklären, dann sind Bilddokumente oft die besten Zeugen für die Zeit von einst. Das gilt für heutige Senioren und deren die Schulzeit in den 50ern, für die Goldene Hochzeit der Eltern oder auch für das Geschehen um die Villinger Fasnet, wie sie 1914 und 1922 der spätere Zunftmeister Albert Fischer in seinen  beiden Büchlein schilderte.

Albert Fischer war Lokführer, Autor, Narr und Sänger und in seiner Zähringerstadt war man nur ein kleiner Teil eines Deutschen Reiches, das auf gesellschaftliche und politische Reformen wartete. Zu lange hatte man national-egoistisch gedacht und auf eine inhumane Kolonialpolitik gesetzt. Alles recht überschaubar, weshalb aber doch einzelne Bürger zu herausragenden Personen wurden, so wie Albert Fischer, dem späteren Zunftmeister bei den Narros.

In seinem in Leinen gebundenen Büchlein „Aus Villingens Vergangenheit“ aus 1914, erschienen im Verlag F.K. Wiebelt, fallen dann  wohl erstmals verfasst zehn Seiten zur alten Villinger Fasnet auf.

Fischer schildert diese aus seiner eigenen Zeit, als die familiäre Rollenverteilung – wohl auch bei den Fischers – die patriarchalische war, nach der meist die Männer die Gesellschaft, die Vereine und die Lokalpolitk bestimmten.

Und so zählte Albert Fischer zunächst auch zu jenen, die um 1908 den Eisenbahner-Gesangsverein „Flügelrad“ gründeten, wobei er  die laufenden Probe der Stadtmusik nicht fallen ließ.

Enkel Manfred Fischer, einst Werbeleiter und engagierter Sparkässler in Villingen, war sich stets sicher, „dass Opa Albert einst auch Oboe spielte und er deshalb in einer alten Mitgliederliste auftauchte“, wie Manfred von Rolf Greitmann, aktuell Vorsitzender des Fördervereins, erfahren konnte.

Schon möglich, dass Albert Fischer bereits damals aus dem Münster-Kirchenbuch wusste, dass die historische Linie seiner Familie sich bis 1630 zu einem Michael Fischer erkunden ließ.

Bei dieser gemischten Interessenlage kommt es schließlich 1914 dazu, dass Albert Fischer auch Autor wird und der Verlag F. K. Wiebelt sein Werk „Aus Villingens Vergangenheit“ mit 143 Seiten veröffentlicht.

Es sei Zeit und Grund genug gewesen, so Fischers Vorwort, die neue Zeitepoche mit Villingen als Garnisonsstadt mit auch „ruhmvoller Vergangenheit vor Augen zu führen“.

Schon zuvor war Albert Fischer als redaktioneller Mitarbeiter des „Villinger Volksblatt“ aufgefallen, wo man seine Aufsätze – adaptiert aus den Quellen „alter Büchern und Schriften“ sowie aus mündlichen Überlieferungen noch lebender alter Bürgersleute“ -veröffentlicht hatte.

Warum also nicht alles „auch in Form einer billigen Broschüre herstellen zu lassen“, so Fischer in seinem Vorwort.

Was zunächst folgte, liest sich bis heute spannend und interessant, klar und verständlich. Auch die zehn  Seiten, auf denen Fischer  „dem höchsten Festtage“ der Alt-Villinger, nämlich der ‚Villinger Fasnet‘, ein Plätzchen widmet.“

Noch war Fischer frei von einem Narro- Vorstandsposten und schildert begeisternd, schmeichelhaft und überraschend reizvoll die Fasnet und ihre Hauptperson ab 1760 bis 1900.

 

 

 

 

 

 

 

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