Franziskaner in Villingen – Klöster II

Mit Bildungsauftrag und einer Lateinschule – Wittum Erbschaft konfisziert

Plan der alten Stadt von 1670 mit Blick auf die bewehrte Westseite zum Hubenloch mit Romäusturm, Elisabethenturm und Kloster.

Wenn heute vom „Franziskaner“ die Rede ist, denkt der Einheimische an den Konzertsaal, an den Kreuzgang ans Refektorium oder an das städtische Museum mit seiner Dauerausstellung; weniger an die Barfüßer oder Minoriten oder eben deren Kloster, das als eines der Franziskaner geführt wurde.

 Und dabei war der Orden mit seinem Kloster von 1267 bis 1797, als 530 Jahre mit der Geschichte, der Kultur und den Ereignissen der Stadt eng verbunden.

Graf Heinrich I. von Fürstenberg und seine Gemahlin Agnes boten die Voraussetzungen, dass der Orden der Minderbrüder sich hier niederlassen konnte. So wurde mit dem Bau des Franziskanerklosters 1269 begonnen, was 23 Jahre dauerte, weil ein Stadtbrand 1271, der Legende nach ausgelöst durch einen Meteoriten-Einschlag, die Arbeiten unterbrach und eine Notkirche ab dem 28. Juni1275 für weitere 20 Jahre genügen musste.

Unbekannter Künstler lieferte die Ansicht der Franziskanerkirche aus 1715 mit Blick aus der Rietgasse.

Auf der Einweihung am 27. April 1992 wurde das Franziskanerkloster zum Mittelpunkt aller wichtigen politischen Ereignisse in der Stadt: die Kirche war Versammlungsort für den Schwörtag, für die Wahl des Schultheißen und des Rates und Huldigungsort für den Landesherrn.

Im Bauernkrieg, in Zeiten der Not und während fünf Belagerungen bis 1704 boten die Franziskaner den Bürgern und Hintersassen Trost, erwiesen ihre Arbeitskraft, leisteten Beistand und Ermunterung.

Wie üblich lag auch das kirchliche Asylrecht bei den Patres, was der Überlieferung nach von „weltlichen Verbrechern ausgiebig genutzt wurde.“

Als 1535 in Freiburg die Pest wütete, wurden die Franziskaner zu Gastgebern für dortige Professoren, die ihren Scholaren im Villinger Kloster die Vorlesungen boten. Ein Gastrecht, das sich 1584 noch einmal wiederholte und bis 1610 mit verschiedenen Fakultäten noch mehrfach so gehalten wurde.

Religiös und kulturell brachten sich Villinger Bürger ein, die mit einer Bruderschaft Ende des 16. Jahrhunderts die ersten Passionsspiele initiierten und aufführten.

Lithographie des Villinger Künstlers Paul Bär aus 1921 mit der Ansicht der Franziskanerkirche von der Rietgasse.

Stark betroffen war das Kloster während der dritten Belagerung im August und September 1633 als der Feind vom Hubenloch aus die Stadt beschoss und diese auf der Westseite samt dem Kloster stark beschädigte.

Friedlich mit einem Bildungsauftrag blieb das klösterliche Leben ab 1650 mit einer Latein- und einer Musikschule, bis 1704 Marschall Tallard das Kloster ebenfalls von Hubenloch aus „unter Feuer“ nahm, der Konvent seine Unterkunft verlor und die Brüder von den Kapuzinern, den Benediktiner und einigen Bürgern aufgenommen wurden.

Für den Wiederaufbau ab 1705 bot di Stadt 1000 Stämme Bauholz, doch für eine neue Kirche konnte ohne weitere Mittel der Grundstein erste am 13. April 1711 gelegt werden. Beim Aufrichten des Daches halfen bereits im Juni 160 Bürger, und Chor und Turm waren 1715 vollendet.

Während der Bauzeit und zuvor fanden die Gottesdienste der Barfüßer in der Stadtkirche, dem Münster statt.

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts  begann für die Franziskaner die harte Zeit, wie sie alle Klöster traf: Freiheiten wurden durch kaiserliches Dekret beschnitten und aufgehoben. Das Gymnasium wurde  den Franziskanern verboten, ihnen sollte nur noch die Normalschule bleiben. Novizen  blieben der Auflagen wegen aus. Der Konvent zählte 1786 noch acht Patres.

Ansichtskarte mit Blick in die alte Heilig-Geist-Kapelle mit dem Kreuz-Rippen-Gewölbe.

Und so sah man bei der Stadt den neuen Zweck des Klosters als Kaserne für gleich drei Kompanien, was die österreichische Regierung akzeptierte.

Das Klostervermögen mit 22 595 Gulden wurde weltlich verwaltet, um eine zweite Pfarrei zu gründen, doch Kaiser Leopold II. lehnte ab. Das Mobiliar wurde verscherbelt oder fiel ans Pfarrmünster und in den Fundus der Kirchen-Paramente.

Als im April 1796 der letzte Franziskaner-Provinzial Wittum gestorben war, forderte die Regionalregierung selbst noch dessen Hausrat ein.

Einer Bitte der letzten drei Minoriten, das Klostervermögen doch noch der Münsterpfarrei zu überlassen, würde nicht entsprochen.

Heutige Ansicht des Kreuzrippen-Gewölbes in der ehemaligen Heilig-Geist-Kapelle.

Nach kaiserlichem Dekret von 1797 wurde schließlich nach 530 Jahren das Franziskanerkloster aufgehoben.

Das Kloster wurde Amthaus, Kaserne und Lazarett und Knabenschule und schließlich zum Heilig-Geis-Spital, das zuvor dort lag, wo in der unteren Rietstraße das neue Kornhaus auch mit zwei Durchfahrten genutzt wurde (heute Buchhandlung Osiander und Broghammer).

Dieses erste Heilig-Geist-Spital, gestiftet um 1275 von Gräfin Agnes zu Fürstenberg, zwischen Münsterplatz und Rietstraße, mit Kapelle und – der Legende nach – mit einstiger Grablege des Lokalhelden Romäus († 1513) wurde zwar zum Sanierungsobjekt der Neuzeit, doch ohne wesentliche historische Rücksichten bei noch immer kritischer Betrachtung, dass die verbliebenen beiden Gässchen zum Münsterplatz wenig einladend sind, wie das bis heute die Kaufhausgasse mit einer Vielzahl an hinderlichen Mülleimern darstellt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Schreibe einen Kommentar