Krippenfiguren zu formen und zu brennen und Krippenställe zu bauen, hat in und um Villingen eine lange Tradition. Ein Thema, das einst als Gesamtschau von einem Karl Kornhaas aufgegriffen wurde, der jedoch bei den Arbeiten der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts stehen blieb und eher nur Laienkünstler betrachtete.
Die Geschichte des Krippenbaues in Villingen fußt jedoch auch auf dem Werk von Karl Hirth (1869 -1930), der am 23. März als Sohn des Schusters Fridolin Hirth und der Franziska Konstanzer geboren wurde und der acht Geschwister hatte.
Sein Vater, dessen Werkstatt in der Rietstraße 21 lag, war begeisterter Sammler von Krippen. Die Familien-Hauskrippe baute der Schuster Hirth schon Tage vor Weihnachten auf, wofür er das halbe Wohnzimmer ausgeräumt habe.
Dabei gestaltete er die zugehörige Krippenlandschaft jedes Jahr neu und in die Wandnischen der Wohnung kamen kleinere Exemplare. Eine kleine Krippe sei gar im Wandschrank des Wohnzimmers das ganze Jahr über aufgestellt gewesen, was nach seinem Tod 1890 wohl dazu führte, dass seine Witwe Teile der Sammlung „an Herren aus der Schweiz“ verkauft habe, während ein anderer Teil später bei Karl Kornhaas verblieb.
Sohn Karl Hirth nahm eine Lehre als Modelleur bei der Majolika-Manufaktur des Johann Glatz auf, bei dem er längere Zeit beschäftigt blieb, denn er schreibt 1895, dass er „schon seit Jahren“ dort arbeite.
Sein Bürgerrecht tritt er 1895 an, wobei er seine Profession als Modelleur angab „als ein den Unterhalt einer Familie sichernden Nahrungszweig“.
Seine erste Ehe schloss er 1901 mit der Witwe Stephanie Knagg, geborene Grüßer, und erwirbt vom Hafner Josef Schumpp dessen Haus mit Werkstatt in der Bertholdstraße 17 für 18.500 Mark.
Danach bezeichnet er sich nun als Hafner und formt und brennt im Winter Ofenkacheln, mit denen er im Sommer die Öfen bei seinen Kunden aufbaut.
Ob er Gehilfen oder Gesellen hatte, ist nicht bekannt, doch hatte er wohl über mehrere Jahre ein gutes Einkommen, denn als August Käfer 1949 die Werkstatt übernahm, musste er hunderte von Kachelformen mit zwei Lastwagen entsorgen.
Karl Hirth blieb trotz Kachelofenbau war weiterhin auch Modelleur und fertigte für die örtliche Glockengießerei Grüninger die Verzierungen der Glockenformen. Ein seiner Tonarbeiten im Flachrelief im Villinger Privatbesitz zeigt die Abgüsse eines Narro und einer Alt-Villingerin. Mit Neigung und Fähigkeit entstanden auch Statuetten mit Personen und Tieren, die er formte, brannte und bemalte.
Zum Schauobjekt bei Groß und Klein wurde sein Garten. Mit Tuffsteinen, die er aus dem Donautal geholt hatte, baute Karl Hirth eine Landschaft mit vielerlei Personen und Tierfiguren sowie eine Gruppe mit einem Langholzwagen.
Als Dekoration für Wohnzimmer fertigte er auch größere Tonfiguren, wie Hirsche, Hasen, Zwerge und Rehe, die auch als Schaufensterdekoration für ein Lebensmittelgeschäft dienten. Selbst über seiner Wohnzimmertür hing ein modellierter Fuchskopf, und mit einem Tonmedaillon als lebensgroßes Portrait über dem Hauseingang erinnerte er an seine erste Frau.
Die Gestaltung seines Haues sowohl innen wie außen zeigte seinen künstlerischen Anspruch und sein Selbstverständnis: ein Halbrelief mit einer Allegorie der Künste im Eingang seins Wohnhauses Kronengasse 12, das er im Jahre der Villinger Gewerbeausstellung 1907 erwarb, und an der Hausrückwand hing ein bronzenes Grab-Epitaph, das lange dem Hans Kraut zugeschtrieben. An dieser Wand hing bis in die Jetztzeit ein Flachrelief aus bemaltem Gips mit knapp vier Quadratmetern und unbekannter Herkunft, das in hoher Qualität drei Putten bei der Waldarbeit im Schwarzwald zeigt.
Aus historischem Interesse sammelte Karl Hirth diverse Antiquitäten und machte Abdrücke in gebranntem Ton von Holzmodeln aus dem Klosters St. Ursula. Kaum erstaunlich, dass er auch Krippenfiguren geformt hat, wenn auch der Umfang nicht bekannt ist, wohl aber deren Verkauf.
Gebrannt in der Resthitze des Brennofens nach den Ofenkacheln bemalte er sie im Wohnzimmer oder in der Küche. Dass ihm dabei Lehrlinge, Gesellen oder seine Frau geholfen haben, ist anzunehmen, da einzelne Modelle diverse Qualität aufweisen.
Seine Krippenfiguren sind jedenfalls anspruchsvoll in Form und Ausdruck, was besonders für die Tierfiguren gilt und ganz klar für einen der Drei-Könige auf dem Kamel. Allesamt gezeichnet mit HK, womit Hirth auch Hans Kraut würdigte, der als Kunsttöpfer eben diese Signatur verwendete.
Karl Hirth blieb vielen Bürgern in Erinnerung als gemütvoller, unterhaltsamer Mensch, der sonntags gerne im Sessel gehockt sei und eine lange Pfeife schmauchte, deren Schaft bis auf den Boden reichte.
(nach Raimund Adamczyk (†), in GHV 2005