Heny-Bogen-Uhr kehrte zurück

Man wollte und konnte es kaum glauben, aber es schien auch in Villingen endlich mehr Bewegung in Sachen „Rekonstruktion“, kurz Reko, zu geben. Nicht als großartiges Bauwerk wie der Niedere Torturm oder die Blume-Post, sondern nur mal als historische Uhr im Straßenraum, die von sogenannten Modernisten wohl um 1960 grad mal ebenso entsorgt wurde und von diesen  auf die Müllkippe der Orts-Geschichte geworfen wurde.

Doch – Gott sei Dank – wurde sie von findigen Bürgern entdeckt und geborgen und kam 2005 nach Jahren ihrer Absenz als auffällige Uhr und als „Reko“ (!) am Fachwerk-Eisenmast an ihren alten Standort in der Niederen Straße, am sogenannten Heny-Bogen.

Die Heny-Bogen-Uhr ist längst wieder an ihrem ursprünglichen Platz an der Niedere Straße: dafür sorgte einst auch der Ehren-Generalfeldmarschall Heinz Gabriel und die Katzenmusik.

Für manchen Villinger in dieser baulich allzu oft gebeutelten Stadt war es fast gar Wunder. Denn zum „Reko“ des historischen Marktbrunnen kam es damals nicht und wird es auch nach 2023 kaum noch kommen.

Einst stand der Nepomuk in der Niederen Straße auf Höhe Zampolli, bis wohin das Wasser der einstigen Wasserbelagerung gestiegen sein soll…rechts der alte Marktbrunnen; angeblich abgerissen, weil die Fuhrwerker nicht drumrum kamen…

Viele Jahre galt sie als verschollen, die große, verschnörkelte Uhr am sogenannten Heny-Bogen an der Niederen Straße, benannt nach der einstigen Metzgerei Heny an dieser Stelle.

Nicht nur als Zeitmesser war sie ein markanter Blickfang mitten in der Innenstadt, sondern ein populärer und beliebter Treffpunkt. Es heißt, dass sich hier Freizeit-Wanderer ebenso verabredet hätten wie frisch Verliebte.

Wer also einst an der Heny-Bogen-Uhr verabredet war, der wusste, was die Stunde geschlagen hatte, denn das Single-Dasein nahm dort oft ein Ende und manch heiße Leidenschaft entfachte sich (Marion Peters 2005).

Populär bekannt war die rechte Seite der Niederen Straße in südliche Richtung die als „Rennbahn“ für all die Neugierigen galt oder die der Zicke-Zacke-Fasnet-Jugend Unterhaltung bot und wo am Gittermast der Uhr sich nicht selten manch mutiger Jugendlicher erprobte.

Irgendwann in den 60er Jahren wurde das gute Stück jedoch demontiert, weil eine neue Straßenbeleuchtung Vorrang hatte, trotz und ungeachtet der beliebten Uhr, die irgendwer irgendwo versenkte.

Es sei Herbert Schroff (1924 – 2011) gewesen, bekannt als SABA-Reporter und mit Passion für alles Historische aus seiner Heimatstadt, der von Schreinermeister Hässler aus der damaligen SABA-Belegschaft den heißen Tipp bekam: „Du, dieä hon hit die Heny-Bogen-Uhr is Drecklock g’worfe!“

Das konnte ein Herbert Schroff nicht fassen, und so machte er sich „stante pede“ gleich auf den Weg dorthin, die Uhr zu retten.

Städtische Bediensteten halfen, den doch riesigen Zeitmesser in eine Holzkiste zu  verpacken und der beherzte Schroff machte sich Gedanken, wie es weitergehen sollte.

Sein erster Gedanke: Paul Riegger, damals Präsident des FC 08, werde eine geeignete Verwendung finden.

Als Tage später im Jahre 1965 die Uhr samt Frachtbrief im Stadion am Friedengrund eintraf, war die Freude bei Riegger zunächst groß: „Endlich wird die versprochene Stadionuhr geliefert“, so seine Vermutung.

Doch weit gefehlt. Lachend packte er zwar die Heny-Bogen-Uhr aus, doch passte nun wahrlich nicht ins Stadion. So nahm  Herbert Schroff die Uhr nach deren Umwegen wieder zu sich und lagerte sie jahrzehntelang auf seinem Speicher in er Forsthausstraße. Hin und wieder diente sie von da aus als Requisite für den Narrozunft- oder den Katzenmusik-Ball.

Beim großen Fasnetumzug Ende der 60er Jahre widmete sich die Katzenmusik dann schließlich doch der Frage „Wem war sie im Weg?“ und man baute eigens einen Wagen mit großem Modell zur verschwundenen Heny-Bogen-Uhr. Gemeinsam mit Freund Werner Jörres erlaubte sich Herbert Schroff auch mal einen Aprilscherz und beide stellten die Uhr am Brunnen im Riet auf, was für kurzes Aufsehen sorgte.

Fünf Jahre später kaufte schließlich der Katzenmusik-Verein „Miau“ das Stück für 400 Mark und verpflichtete sich im schriftlichen Kaufvertrag „den Erhalt dieser Uhr zu garantieren und bei Auflösung des Vereins die Uhr an die Museen der Stadt Villingen-Schwenningen ohne finanzielle oder sonstige Ansprüche zu übergeben.“
Aber das hatten die findigen Katzen längst nicht vor.

Das Uhrwerk aus 1923 wurde auf den neuesten Stand der Technik gebracht, wie Ehren-Generalfeldmarschall Heinz Gabriel damals stolz erzählt: „Die Uhr muss ja automatisch von Sommer- auf Winterzeit umstellen und umgekehrt“, und er sich über die gelungene Restauration freute. Was noch fehlte, war der Gittermast, für den Angebote eingeholt wurden und man danach auch einen  Auftrag zur Rekonstruktion erteilte.

Da konnte auch die Stadtverwaltung den Wiederaufbau nicht ablehnen, die Uhr wieder in der Innenstadt aufzustellen, moderne Fußgängerzone hin oder her. Und eben genau am alten Platz beim Heny-Bogen.

„Wir wollen noch dieses Jahr ein großes Uhrenfest feiern“, kündigte Heinz Gabriel von der Katzenmusik voller Vorfreude an und Herbert Schroff zeigte sich gerührt vom Einsatz  des Vereins. Klar, dass auch er als Ehrengast zum Fest eingeladen wurde.

 

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