Von großer Wohnungsnot, dem neuen Sport und der neuen, alten Fasnet
Schwere Aufgaben wurden seit Kriegsende 1945 den Bürgern und der Ortsverwaltung gestellt, wie die Heimatzeitung zu Anfang des neuen Jahres 1950 schrieb. Im Ergebnis durfte man jedoch feststellen, dass durch eine „tatkräftige Stadtverwaltung und eine arbeitsame Einwohnerschaft“ viele Probleme erkannt, gelöst und zuvor fest angepackt wurden.
Als größtes Problem galt in jener Zeit die Wohnungsnot. Diese zu lindern, schien schier unmöglich und doch wurde daran gearbeitet. Und dies trotz der Tatsache, dass die geplante und genehmigte Wohnbau-Förderungsabgabe nicht fruchtete, weil die Regierung zu große Bedenken hatte.
Doch gelang es zunächst der Gemeinnützigen Baugenossenschaft, mit zusätzlichen Mitteln 44 Wohnungen fertig zu stellen, was einen bedeutsamen Beginn markierte. Hinzu kam die Gründung der Baugenossenschaft „Neue Heimat“, die auf den Siedlungsbau mit 50 Häusern in der Südstadt setzte.
Auch die Innenstadt blühte auf: das Pflaster der Hauptstraßen wurde ebenso verbessert wie die Platten der Gehsteige, man verschönerte das Stadtbild und lebhaft modernisierten sich auch die Geschäfte samt deren Fassaden.
Die Wasserversorgung blieb nach einem trockenen Sommer 1949 Dank der zahlreichen Brunnenbohrungen von einer weiteren Krise verschont. Bei zunehmender Bevölkerung – 20500 gegenüber 20 000 im Vorjahr und 19 600 im Jahre 1947 – war der Baubeginn eines Hochbehälters am Hubenloch eine rühmenswert vorsorgliche Tat.
Bei einst hohem Niveau zeigten zum Jahreswechsel 49/50 auch die Gesangs-, die Musik- und alle anderen Vereine wieder reges Leben. Eine entscheidende Wendung im Sportleben brachte, dass der “ Allgemeinen Sportverein Villingen“ (ASV) aufgelöst wurde.
Eine Nachkriegs-Dachorganisation, die sich zwar bewährt hatte, die aber die freie Entfaltung der einzelnen Fachinteressen doch eher behinderte.
So wurde im Januar 1950 aus seinem Bestand heraus der „FC 08″ wieder gegründet und auch der Turnverein 1848 und der Athletenclub „Germania“ konstituierten sich neu. Und wenige Tage später wurde auch der ADAC wieder belebt.
In jenen frühen Tagen des Jahres 1950 hielt der Katzenmusikverein „Miau“ seine Hauptversammlung ab, womit schließlich und endlich der Auftakt zur Villinger Fasnet für 1950 gegeben war
Am meisten staunten wohl die heimatvertriebenen Flüchtlinge in Villingen über die lokalen Berichte, als es mit raschen Schritten auf die eigentlichen Fasnet-Tage zuging.
Bebilderte Sonderseiten machten Staunen; so über das Schwäbisch- Alemannische Narrentreffen in Radolfzell, über den Ball des Männerchors, den Glonki-Obed und das Treffen der Altjungfere auf fasnächtlich-heiteren Lokalseiten der Heimatzeitung.
Nicht zu vergessen: der Kinderumzug mit 2000 jungen und jüngsten Teilnehmern als Narrensamen, einem heiter-frohen Villinger Nachwuchs.
Zuvor hatten Villinger Buben paarweise und gar tagelang „die Rollen geschüttelt“, was heißt, dass „jeder Bub mit einem umgehängten Glockenriemen (mehr kann so ein Junge gar nicht tragen, denn diese bronzenen Hohlkugeln haben ihr Gewicht) im Narrosprung durch die Straßen hüpfte, um ‚den Staub‘ aus den Glocken der Villinger Rollen zu schütteln“.
Eine der vor-fasnachtlichen Sitten, die meist den kleinen Söhnen und Neffen der Narro-Häs-Besitzer vorbehalten war, wirkt reizvoll, „erhöht jene fast unbegreifliche und nur dem Kenner alemannischer Fasnetbräuche so richtig eingehende Spannung, die vor den „Hohen Tagen“ die Villinger packt.“
So erläuterte von Fasnacht zu Fasnacht, das Lokalblatt die Nuancen des uralten bodenständigen Fasnet-Brauchtums.
Am Fasnetmontag, dem 20. Februar 1950 dann der Umzug der Katzenmusik und der Narrozunft durch die erstmals wieder festlich geschmückten Straßen, und dann tags drauf am zweiten und letzten „Feiertag“ der gemeinsame große Umzug aller Narrenvereine mit den einfallsreichen Wagen und Fußgruppen des Katzenmusik „Miau“, des Männerchors, des Turnvereins, der Glonkis und vieler anderer Teilnehmer, die vor Tausenden von Zuschauern trotz des Regenwetters bewiesen, dass Villingen ein altes Narrennest ist und bleibt.
„Das alles hat als Brauchtum, sei es die Fasnet, seien es die schönen, alten Schwarzwaldtrachten, die Bürgerwehr und manch anderes an überkommenem jedoch bodengewachsenem Kulturgut“ in all seinen Facetten auch die schweren Jahre von 1939 bis 1949/50 unbeschadet überlebt.
Damit der neue Verkehr rolle: Tiefbauarbeiten 1950 an der Bahnhofstraße, rechts die Brigach