Kriegerdenkmal aus 1875 – Relikt aus patriotischer Zeit

Heute eher Mahnmal statt Denkmal – Ehrenmal für sechs Gefallene 1870/71 errichtet

Im Juli 1870 zogen Hunderttausende in einen Krieg, der die Landkarte Europas veränderte. Manche von ihnen erwarteten ein Abenteuer, andere hatten Sorge um ihr Leben oder um die Zukunft ihrer Familie, doch die meisten Männer auf beiden Seiten taten einfach nur das, was sie für ihre Pflicht hielten. Denn mit der Emser Depesche hatte Bismarck Frankreichs Kriegserklärung provoziert.

Fast drei Millionen Männer wurden beiderseits der Grenzen patriotisch mobilisiert oder ließen sich mobilisieren, dabei mehr als eine Million Deutsche.

Was folgte, war der letzte der drei „Einigungskriege“, mit denen Otto von Bismarck ein Deutsches Reich „aus Blut und Eisen“ schmiedete. Dich der deutsche Sieg hat das nationale Geschichtsbild verhängnisvoll geprägt. In einem kurzen, brutalen Krieg besiegten Preußen und seine süd-deutschen Verbündeten 1870/71 die Franzosen. Doch starben fast 200.000 deutsche und französische Soldaten. Für weitere Hunderttausende wurde der Krieg zum traumatischen Erlebnis.

Eine Zeit, in der ein Mythos vom unbesiegbaren deutschen Soldaten geprägt wurde, gab doch der gewonnene Krieg allem Militärischen im Kaiserreich einen übersteigerten Stellenwert.

Und so prägen bis heute Bismarck-Statuen, Weißenburg-Straßen, Sedan-Plätze, Denkmale mit brüllenden Löwen, Lorbeer-Kränzen und Eisernen Kreuzen vielerorts den öffentlichen Raum.

Ein solches Symbol – jüngst (wenn schon, denn schon) aufgefrischt in Stein und güldener Schrift auf Antrag des Stadtrats Bertold Ummenhofer erstellte man auch in Villingen, doch eher ohne sich nach 1871 mit den Verlusten und den Traumata der Hinterbliebenen und der Invaliden auseinander zu setzen, sondern gründete Kriegervereine und schuf glorifizierende Denkmale. Soziale Hilfe blieb meist aus, viele Familien verarmten.

Lange, zu lange wiederholte man Jubelfeste und militante Begeisterung in Stein oder Erz.

Ob freiwillig oder gezogen, 125 Villinger marschierten wohl ebenfalls mit dem XIV. Badischen Corps überaus patriotisch ins Feld und in einen Krieg, der sechs von ihnen den Tod brachte.

Man schrieb den 20. April 1871, als die Zahl der deutschen Kriegstoten mit 40 000 bekannt war, und Steinbildhauer Josef Ummenhofer nicht nur den öffentlich „königlichen Dank für eine der größten Waffentaten“ des Generals von Werder bei Lisaine gelten lassen wollte, sondern ein Denkmal zu Ehren der im Felde gefallenen Villinger forderte. Inspektor Braun möge dazu ein Monument ohne Brunnen für die Anlagen am Bickentor entwerfen, dessen Kosten 1000 Mark nicht übersteigen sollen.

Schon 14 Tage später feierte man zu Ehren der Kriegs-Heimkehrer diese mit einem Bankett und mit Musik im „Paradies“.

Erst deutlich später genehmigte der Rat 1872 ein Denkmal für die „gefallenen Krieger“, das auf dem Friedhof zu erstellen sei.

Die Gründung eines „Kriegerverein“ in 1873 sollte diese Idee unterstützen, indem man sich zunächst um eine Sedan-Feier mit Fahnenweihe kümmerte.

Denn noch hatte Josef Ummenhofer keinen weißen Sandstein für das geplante Denkmal beschaffen können. So dauerte es bis 1875, dass das Denkmal tatsächlich genehmigt wird und es vor dem Amtshaus (einst Großherzogliches Bezirksamt, danach Landratsamt und Seniorenresidenz) aufzustellen sei. Ummenhofer wurde gedrängt, seine Arbeit auf September 1875 zu erfüllen, da „sonst die Stadt ihres Vertrages entledigt sein“ und er erhielt schon mal 800 Mark Abschlag für einen Fischbacher-Sandstein-Obelisken als 30 Fuß hohes Monument.

Die Feier, terminiert auf den 5. September, mit Enthüllung des Denkmals bewegte auch Bürgermeister Julius Schumpp und Dominikus Ackermann, die das Programm bestimmen sollten, und Gemeinderat Förderer schlägt vor, Münzen und eine Denkschrift in den Grundstein einzulassen.

In Josef Honolds Zeitungs-Chronik liest sich dazu: „…erfolgt unter großer Beteiligung der Bevölkerung und fremder Gäste die feierliche Übergabe. Nach Ankunft des Festzuges enthüllt Bürgermeister Schupp das Monument und Dr. Holzhauer als Vorstand des Kriegervereins gedenkt im Namen der 125 Villinger Kriegsteilnehmer der sechs gefallenen Söhne der Stadt, namentlich eingemeißelt und im Stein verewigt.

Beim Festbankett in der Huber‘schen Halle (später Tonhalle) drängt sich auch Textilkaufmann Michael Lion mit schwungvollen Wortenin den Kreis der Redner.“

Die spätere Abrechnung ergibt 1942 Mark plus Fundament und einen eisernen Zaun.

Michael Lion – in jener Zeit der erste wieder ortsanssäige Jude nach deren Vertreibung im Mittelalter – verstand es,  noch des Öfteren sich zum „beliebten Manne“ zu machen. So wurde er 1876 erster Vorstand des Kriegerverein.

 

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