Künstler im Freiformschmieden

Vom Schlosser- und Schmiedemeister Heinrich Häberle und

seinen Meisterstücken im frühen 20. Jahrhundert

Mai 1907 – die Esse lodert teuflisch, mit dem kraftvollen Blasebalg wird die Hitze aus hochwertiger Schmiedekohle über 1200 Grad heiß, über den Rauchfang der dunklen Werkstatt von Heinrich Häberle, dem Schlossermeister und Kunstschmied in der Färberstraße, zieht der Qualm ab. Verschiedene Hämmer und Zangen, Gesenke, Richtplatten und Spaltkeil liegen bereit, und der schwere Amboss wartet darauf, dass er klingen darf.

In zwei Monaten soll die „Gewerbe- und Industrie-Ausstellung des Badischen und Württembergischen Schwarzwaldes“ vom 14. Juli bis zum 9. September 1907 stattfinden.

Ein Ereignis, das eine ganz andere Dimension haben wird als seine Vorgänger. Bis dahin soll der Kunstschmied ein zweiflügeliges Barockgitter schaffen, das den Haupteingang der Ausstellung zieren soll.

Auf der ehemaligen Amtmann-Wiese  vor dem Oberen Tor – später zum Stadtgarten gestaltete – wird auf 40000 Quadratmetern vor der Stadt eine architektonische Einheit aus Hallen und Landschafts-Gärten entstehen, die im Sommer bis zum Früherbst 1907 schließlich 280000 Besuchern gesehen haben werden.

Noch ahnen Heinrich Häberle, seine Gesellen und Lehrlinge nicht, welche Attraktivität sie schaffen, die zur Eröffnung am 14. Juli 1907 auch vom Großherzog von Baden und seiner Entourage bewundert wird.

Nach 110 Jahren – auch auf den besonders populären und aufregenden Teil der damals errichteten Kunsthalle, die „Sammlung von Gegenständen zur Volkskunde des hohen Schwarzwaldes“ vom Lenzkircher Uhrenfabrikdirektor Oskar Spiegelhalder – ist das Häberle-Tor bis in unsere Zeit weiterhin ein attraktives bauliches Werk der Schmiedekunst  geblieben und wird es wohl auch bleiben.

Denn schließlich ziert es nachhaltig seit den 1960-er-Jahren am Villinger Münsterplatz das Rückgebäude der Villinger Stadt-Apotheke.

Die nun machte damit Schlagzeilen, dass man deren Betrieb nach fünf Apotheker-Generationen der Neuzeit Ende 2018 aufgab, weil der neue Eigentümer der Immobilie, erbaut im klassizistischen Stil von 1843 bis 1847, das Haus an der Rietstraße bis zum Münsterplatz einer neuen Nutzung zuführen will.

Und Heinrich Häberle, Sohn  des ehemaligen städtischen Musikdirektors der Stadt- und Bürgerwehrmusik von 1888 bis 1908,  hat  noch mehr Meisterstücke hinterlassen.

So auch eine ebenfalls herausragende Schmiedearbeit jener Zeit: die Oberlicht-Verkleidung am Hauptportal des ehemals so benannten „Lehrinstituts St. Ursula“.

 

Doch damit nicht genug.

Im Jahre 1928 erhielt das ehemalige Pfarramt am Münsterplatz neben der ehemaligen Kanzlei, heute trotz baulicher Schwächen als neues Rathaus im bürgerlichen Bewusstsein, eine Balkönchen, an dessen frei geformte Schmiedekunst in seinen früheren Schilderungen auch Fritz Keller erinnerte. Er war damals als Geselle beteiligt, wurde nach 1950 zum Betriebsleiter bei Barometer-Huger und wirkte mehrere Jahre als närrischer Präsident und Ehrenpräsident bei den Heringsförflern.

Häberles Tor wird bleiben – die Attraktivität des Meisterwerks auch.

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