Latschariplatz Villingen – Nu a de Fasnet?

Wer nachlässig oder gedanklich lottrig daher kommt, über den weiß selbst der Duden, dass dieser Jemand „latscht“. Wer dazu noch mit seiner Einfalt auffällt, der ist ein „Latschari“.

Weil es nun vielerorts derlei Zeitgenossen gibt, existieren auch viele Latschari-Plätze, was nicht zwingend schädlich ist.

Denn neben den Hallodris, die als „Tagdiebe“ den lieben Gott einen guten Mann sein lassen, trifft sich im ländlichen Raum auch die Dorfjugend mangels Jugendhaus oder sonstiger Bleibe an derartigen Plätzen. Das nun führt bisweilen zu Ärgernissen, weil die Latschari-Treffs nicht immer geräuschlos vonstatten gehen.

Auch in Villingen kennt der Volksmund den lokalen Latschari-Platz, und auch darüber gab es Ärger.

Nicht, weil dort praktizierende „Latschari“ den Anwohnern auf den Wecker gingen. Nein.
Viel eher tobte schon mal ein Glaubenskrieg, als es um diese Örtlichkeit ging, weil historisch gesehen der Platz eigentlich Marktplatz heißt.

Besonders beim hiesigen Geschichts- und Heimatverein saß die Sorge tief, dass der Latschariplatz den historischen Marktplatz vergessen mache.

Von Heimatkundigen wurde bitterlich Klage geführt, dass durch den Namen nicht nur Geschichte verfälscht würde, sondern diese samt den Bürgern diffamiert würde, weil ein „Latschari“ eigentlich auch ein „Tölpel“ oder gar ein „Dollebätsch“ sei.

Belegt ist das in einer Schriftenreihe des ehemaligen Leiters des Vermessungsamtes, Hans Maier, der 1962 unter dem Titel „Die Flurnamen der Stadt“ zu Latschariplatz vermerkt:

„Spottname für den einstigen Marktplatz… Bezeichnung für Plätze…, wo tölpische einfältige Menschen, im Volksmnund Latschari benannt, anzutreffen sind“.

Prompt wurde wohl in einer Sitzung des Geschichts- und Heimatvereins gefordert, die Stadt möge verbieten, dass der Name Latschariplatz weiter benutzt werden dürfe.

Und auch die ehemalige Stadtführerin Hildegard Pfeifer, Mutter von vier Jungs an der Vöhrenbacherstraße, konterte vorwurfsvoll all jenen, die
– wie der Autor – vom Latschariplatz schrieben oder ihn eben so benannten…

Der despektierliche Name, so forderte es auch der Lokalkundige Walter F.K. Haas, dürfe deshalb nur noch an der Fasnet Verwendung finden,
„ab Aschermittwoch ist der Latschariplatz wieder Marktplatz“.
Hatte die platzhistorische Aufregung bei Außenstehenden bestenfalls für Heiterkeit gesorgt,
so ist bis heute die Befürchtung absurd, dass der historische Name gänzlich in Vergessenheit gerät. Denn der echte und „rächte Villinger“ kennt beides und der Tourist amüsiert sich allenfalls.

Obwohl einst auf dem beigelegten Stadtplan des Einwohnerverzeichnisses beim Ausschnitt Villingen beispielsweise der „Latschariplatz“ namentlich benannt war. Trotz Marktplatz?

Das, räumte damals der Leiter des Vermessungsamtes, Rudi Seger, ein, „geht natürlich zu weit“. Keinesfalls habe sich sein Amt durch die kalte Küche an der Löschung des historischen Namens beteiligen wollen.
Wie allerdings der Spottname ins Straßenverzeichnis gerutscht sei, war für Seger zwar uner-
klärlich, dafür galt aber ehemals auch als klar, dass der Name wieder raus musste.

„In der nächsten Ausgabe,“ versichert er, „wird der Name Latschariplatz nicht mehr vorkommen“. Gleichzeitig, so der Vermessungsdirektor, müsse man sich in der Tat mal Gedanken machen, ob der Name „Marktplatz“ nicht wieder ganz offiziell eingeführt werden soll.

Was aber seine verwaltungstechnischen Tücken hat: Ein Platz kann nur offiziell benannt werden, wenn es dazugehörende Adressen gibt. Das ist beim Marktplatz bis heute noch nicht der Fall.

Und so gilt seither und auch nach 2024 weiterhin: Wir treffen uns am Heny-Bogen bei der Uhr oder an der Ecksparkass‘ am Latschariplatz! Logo!

1 Gedanke zu „Latschariplatz Villingen – Nu a de Fasnet?“

  1. Also, ich kenne den Latschari-Platz nur als Latschari -Platz.
    Ich weiß zwar, dass es der ursprüngliche Marktplatz ist.
    Ich verstehe jedoch die ganze Aufregung nicht.

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