März 1908 – neues Schlachthaus für Villingen

Höhere Fleischpreise galten als „Unfug“Fastenzeit brachte stets die neue Fleischpreise-Satzung

Die Metzger in Villingen um 1800 galten nicht gerade als zimperlich. Im Gegenteil. So manches Mal zeigten sie sich gar als renitent, wenn es darum ging, sich den Anordnungen des Rates der Stadt zu fügen oder gar zu unterwerfen. Das nun lag nicht daran, dass ausgerechnet 13 zu ihrer Zunft gehörten: sechs Rindfleisch -und sieben Bratfleisch-Metzger (1796).

Die einen schlachteten Mastvieh und die anderen Kälber und Schafe. Schweinefleisch war eher selten und gab es nur bei Hausschlachtungen, weil regional Kartoffeln, Eicheln und Bucheckern für die Mast fehlten. Und weil Schwenningen zum württembergischen Ausland zählte, strafte man Mathis Baer und Michael Mayer wegen vier halben Kühen ab, die diese aus Schwenningen „einführten“: entweder 30 Tage Landstraßenarbeit oder 15 Gulden Strafe.  Das Fleisch wurde „fiscaliert“ und unter die armen Villinger verteilt. Der Denunziant, Torhüter Steter, erhielt 10 der 30 Gulden.

Geschlachtet wurde damals in den beiden öffentlichen ‚Stadtmetzigen‘, die eine in der Rietstraße, eine spätere in der Färberstraße beim „Ott“. Verboten war es den Metzgern, im eigenen Hof zu schlachten.

War die Fasnet in jenen Jahren eher bescheiden ausgeprägt, wie Ulrich Rodenwaldt (Das Leben im alten Villingen, I, GHV 1990/1991) den damaligen Ratsprotokollen entnahm, blickten die Metzger nur ungern auf die Zeit danach, weil die Fleischsatzung bevorstand, also die städtische Bestimmung der Fleischpreise, wie auch die Zulassung als Metzger.

Ummenhofer hatte 1906 zu „100 Jahre Zugehörigkeit zu Baden“ bereits den Stadtgründer Bertold geschaffen. Der neue Auftrag brachte ihm 362 Mark, wie ein Ratsprotokoll ausweist.

An die behördlichen Preise von 1796 wollten sich also die Bratmetzger nicht halten, weshalb man sie wegen des „Unfugs“ mit acht Tagen Straßenarbeit oder 4 Gulden Strafe abmahnte.

Es dauerte weitere 60 Jahre, bis sich Anwohner der Färberstraße darüber beschwerten, dass es mit der „Handhabung der Reinlichkeit“ im Schlachthaus und drum rum nicht weit her sei. Grund genug, das Schlachthaus nach außerhalb der Stadt zu verlegen (1864). Zu streng waren die Gerüche des „Düngers“ und weiterer Schlachtabfälle, obwohl man diese mit Gips, Kalk und schwefelsaurem Eisen ablöschte.

Doch erst ab 1874 wurde es ernst mit einem Neubau: Baumeister Kaiser hatte die Schlachthöfe in Schaffhausen und Zürich zu besichtigen, und nach der Brigach-Korrektion in Richtung ‚Schwedendamm‘ sollte dort auch ein Bauplatz ausgewiesen werden. Die Finanzierung sah man aus den Überschüssen der Sparkasse als gesichert an.

Die Metzger waren jedoch vehement gegen einen Neubau, worauf man die Metzig‘ in der Färberstraße/Ecke Thomasgasse sanierte( 1880).

Erst 1896 kaufte die Stadt das Gelände der ehemaligen Schupp‘schen Watt-Fabrik  und Baurat Uhlmann nahm sich der Neubau-Pläne von Architekt Nägele an.

Die Kosten wurden auf 340 000 Mark geschätzt; genehmigt wurden jedoch nur 316 000. Als der Architektenentwurf auch durch den Karlsruher Schlachthaus-Direktor Beyersdorf geprüft war, erhielt Nägele den Zuschlag bei zwei Prozent Honorar aus der Bausumme.

Verpflichtend hielt man fest: zu verwenden ist nur deutscher Zement und Granit nur für 3.445 Mark. Auf den Vertrag mit Nägele im Dezember folgte der Antrag auf einen Gleisanlage nach dem neuen Schlachthof, die heute noch die Voltastraße kreuzt und heute eher symbolisch bis an die Südseite der Arbeitsagentur führt.

Aus dem Atelier des Bildhauers Josef Emil Ummenhofer jun., der 1900 das Bürgerrecht beantragte, stammen die Steinmetz-Arbeiten am Portal des einst neuen Schlachthofs….

Recht knapp mit 362 Mark hatte man die Bildhauerarbeiten für die Fassade an Emil Josef Ummenhofer jun. vergeben, der 1900 seine Bürgerrechte beantragt hatte. An ihn, den Sohn des Josef, ebenfalls Bildhauer und früher ‚Felsenwirt‘, ging bereits 1906 der Auftrag, für das Jubiläum „100 Jahre Villingen an Baden“ das Bertold-Denkmal zu schaffen.

In 1906 erhielt der neue Schlachthof noch vor seiner offiziellen Eröffnung einen Telefonanschluss, als auch die Funktion des Kühlhauses durch Preßler & Tröschke in Karlsruhe für 400 Mark auf Funktion geprüft worden war.

Die Eröffnung fand dann am 16. März 1908 um 15 Uhr statt. Die beim Bau beschäftigen Arbeiter erhielten pro Kopf einen Freitrunk für 1 Mark 50, der sie wohl nicht zwingend besoffen machte…

Dass die Abschluss-Rechnung schließlich einen Mehraufwand von 13 000 Mark erbrachte, war nicht weiter tragisch: „…zu decken aus Überschüssen der Sparkasse!“, wie der Rat entschied. Ganz einfach!

Eine weitere Nachkalkulation im Jahre 1909 wies jedoch fehlende 57 147 Mark aus, was als Ergebnis dem Bürgerausschuss vorzulegen sei.

Die Folge, man staffelte die Schlachtgebühren und setzte sie höher:

über 4 Zentner 6 Mark 50; Schweine 2 Mark 75; Kleinvieh 1 Mark 50.

Geschlachtet wurden in jener Zeit etwa 500 Stück Vieh.  Den  weiterhin offenen Fehlbetrag hatte die Sparkasse auszugleichen.

Das Schlachthaus aus 1908 wurde bis 1976 städtisch geführt und wird seither von einer Großschlachterei mit Fleischgroßhandel betrieben.

 

 

 

 

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