…und in Schwenningen kam es zum ersten Umzug
Für eine großartige Fasnet wünschen sich die Narren eigentlich eine sonnig-trockene Kälte, die dann vor allem auch dem Narro und seinen Begleitern und auch den vielen weiblichen Maschgeren mit deren fülliger Unterkleidung entgegen kommt. Deswegen sind viel Schnee und eine „affenartige Kälte“ von minus 10 Grad und mehr auch bei Zuschauern kaum beliebt.
Von riesige Schneemassen und einem strengen Winter zur Fasnetszeit weiß der Chronist Heinrich Hug zu berichten: „… im selben Winter truckt der große Schnee fil hüser nider…und verderbend fiel lüt hie zu land erfrirend uff den wegen und die Vögel in der Luft“.
Es wird wohl keinen „uralten Villinger“ ,mehr geben, der sich noch an das dritte Dezennium des 20. Jahrhunderts erinnert Erinnerung, „wie die Bahnschlitten in Stadt und Land mit den dampfenden Rossen davor sich durch die Schneemassen mühten und Scharen von bürgerlichen Schneeschauflern versuchten, sich durch Straßen und Gassen einen Weg zu bahnen„, so Hermann Alexander Neugart in dessen veröffentlichten Erinnerungen aus 1962.
Zur Fasnet und zu einem strengem Winter stellt Neugart fest: Schlimmer als der Schnee ist die Kälte. Glasklare, klirrende Kälte, die wie Messer ins Gesicht scheidet und in der Luft wie Eiskristalle vor den Augen flimmert. Der schlimmste „Wintergeselle“ stellte sich wohl 1929 ein, als in Villingen am Fasnet-Mendig, dem 12. Februar, die Fasnet regelrecht „verfror“.
Doch dem frostklirrenden Februartag zum Trotz habe man versucht, den „fasnachtlichen Dickkopf“ durchzusetzen. Das Uhrwerk war ja aufgezogen, so Neugart, und es brauchte nur noch abzuschnurren. Es schnurrte aber nicht ab, dieweil es, kaum hatte es begonnen, auch einzufrieren begann.
Der traditionelle Umzug war vom Amtsgericht bis kaum an den Marktplatz gekommen, da war er im wahrsten Sinne im Eis erstarrt. Die Kinder auf den Wagen froren jämmerlich und begannen zu weinen, den Narros drohte, dass ihre Schemen zerreißen oder sie trugen eine „gläserne Rotznase“, die das Atmen hemmte.
Den Musikern „an der Tête“ begannen die Finger steif zu werden und die Instrumente froren ein; eins nach dem anderen, und sie verstummten, bis zuletzt der Paukenschläger als Solist übrig blieb.
Menschenleer waren die Straßen, die Zuschauer hatten es vorgezogen, ihre wunderfitzigen Nasen an den Scheiben ihrer warmen Stuben oder in den überfüllten Wirtshäuser zu drücken.
Die allzeit tanzwütige Jugend mit und ohne Kostüm hastete in die Tonhalle – ein wenig wollte man doch noch haben „von dem verbrannten Brot“ – aber oh weh!
Von der Kälte waren dort die Heizungsröhren geplatzt, und schon im Vestibül stapfte man durch eine riesige Lache und auch an den Röhren im Saal begann es zu tropfen. Von Innen-Wärme bei 30 Grad minus draußen keine Spur.
„Aber auch, wer sich aus der erfrorenen Fasnacht noch rechtzeitig in eine verrauchte Wirtsstube retten konnte“, so Neugart weiter, „und so tun wollte, als ob, wurde des Daseins nicht froh, wenn er an den Heimweg dachte“.
Einige Narros, die es doch noch an den „Lindenhof“ geschafft haben sollen, „kamen nach der Polizeistunde gerade noch bis zum dortigen Bahnwärter-Häuschen, wo eine bullige Hitze herrschte und man bis am Zieschdigmorgen hocken blieb und später das Häs und die Rollen im Wäschkorb heimschmuggelte“.
Auch in Schwenningen war es 1929 affenkalt
Am 16. Januar 1928 wurde im Gasthaus „Bahnhof“ die Narrenzunft Schwenningen gegründet. Bereits am 20. März 1927 hatte man sich zusammengefunden, zunächst den Carnevalverein „Hölzlekönig“ zu gründen, um darin mit Bürgern, Bauern, Handwerkern, mit Beamten und Arbeiter Fasnacht in traditioneller Weise zu feiern.
Doch es blieb zunächst bei einem provisorischen Ausschuss und einer zeitlich späteren Initiative am 10. Januar 1928, worauf man schließlich am 16. Januar 1928 im Gasthaus „Bahnhof“ zur Satzung und zur Gründung kam.
Mit dem ersten Vorsitzenden Albert Schmid kam es dann bereits am 28. Januar 1928 zur Banner-Weihe, und bereits ein Jahr später zum Umzug. Auch wenn die Fasnet von behördlicher Seite eigentlich verboten war, „führte man listenreich einen Reklame-Umzug durch“. Der fand statt am Fasnachts-Dienstag, den 13. Februar 1929.
Der Chronik nach hatten sich Tausende Menschen trotz der sibirischen Kälte von minus 33 eingefunden, um den Umzug zu sehen. Festreiter, der Wagen mit Prinz Carneval, die Metzger- und Bäcker-Innung und der Wirteverein waren dabei.
Überschwänglich lobte die Zeitung: „Dass die Fasnacht am hiesigen Platze auf ein höheres Niveau gebracht werden kann, hat der junge Carnevalverein hier bewiesen. Er hat seine Aufgabe, die er sich gestellt hat, das Publikum hier am Platze zu halten, voll und ganz erfüllt.“
Die auswärtigen Gruppen der Narrenzunft Bad Dürrheim und die Narrozunft Villingen wurden mit einem ersten Preis belohnt.
Doch die Polizei machte wegen der wirtschaftlichen Lage im Jahre 1930 dem Elferrat der Zunft klar: Kein Umzug 1930. Nicht einmal „Reklameumzüge“ wurden erlaubt, was bis einschließlich 1934 den Verzicht auf Umzüge bedeutete, während man sich stattdessen auf die Fasnet im Saal konzentrierte.