Heraldik an der Turm-Westseite – Gemeißelte Pfauenfedern als Wappenzierde
Auch nach 500 und mehr Jahren „fast wie neu“ im Abendlicht und „zum Schutz und Trutze“: der Romäusturm.
Wenn die Bäume im Ring ab dem späten Herbst oder nach beschnittenem Bewuchs am Hubenloch für einige Wochen den Blick freigeben, dann gelingt es dem Beobachter, vom ehemaligen „Haubenluck“ aus, dass er auf den zweiten Blick entdeckt, was die Villinger um 1500 mit Freude und Stolz und wohl auch bis 1972 erfüllt hat: das in Stein gehauene Stadtwappen an der Westseite des Villinger Romäusturmes, direkt über der obersten Mauerluke.
Doch nur schwer erkennt der Betrachter auf Anhieb die pfauen-schwänzige Helmzier über dem „neuen Stadtwappen“ neben dem eher bescheidenen Villinger Wappenschild von damals. Von unten eher unscheinbar, doch in den Maßen mannshoch, hat dieses heraldische Zierstück eine bedeutende Geschichte.
Pfauenfedern an Hüten und Kappen hatte schon zu Romäus‘ Zeiten und zuvor eine symbolische Bedeutung, denn die Träger solch geschmückter Kopfbedeckung drückten damit oft auch ihre Sympathie zum österreichischen Kaiserhaus aus.
Gehörte im 15. Jahrhundert die Stadt schon länger zum vorder-österreichischen Territorium der Habsburger, war jedoch die Pfauenfeder beim Hohen Rat der Stadt nicht selbstverständlicher Zierrat.
Man tat jedoch überaus wichtig mit der Pfauenfeder, als die Stadt für deren tapfere Haltung während der Bauernkriege 1524/25 vom späteren Kaiser Ferdinand I. am 10. August 1530 das neue, pompöse Wappen zugesprochen bekamen, in dem gleich ein ganzer Pfauenschweif als Helmzier prangte.
Die ehemalige Tapferkeit der Villinger war jedoch immer auch Eigennutz und nicht nur wegen des Anspruchs ans kaiserliche Ansehen bewiesen worden. Denn Selbsterhaltung bei brenzliger Gefahrenlage und viel Glück bei der Verteidigung der Stadt waren stets auch bestimmende Faktoren der mittelalterlichen Stadtgeschichte. Freude und Stolz über das kaiserliche Wappen zeigten die Villinger Bürger jedoch allenthalben.
Da kam gerade recht, dass wegen der immer wuchtigeren Feuergeschütze der Angreifer auch der Romäusturm, der früher Michaels-Turm hieß, umgestaltet und aufgestockt wurde.
Wohl um 1530 wurde „mit viel Gepränge und Pulverdampf“ der Einbau des neuen Wappens gefeiert. Ein Zeichen, ein Symbol, das auf der westlichen „Feindseite“ zum Hubenloch bürgerliches Selbstbewusstsein und Verteidigungswillen darstellte.
Die Wappen-Feierlichkeiten wie die auch zur späteren Kaiser-Krönung Ferdinands 1556 hat der Hohe Rat der Stadt dann auch mit einem kräftigen Griff in die Stadtkasse gewürdigt. Gehörte doch dazu stets auch eine Gabe für die Zunft- und Trinkstuben, für die Zunftstube der „Ehrsamen Müßiggänger“ und auch eiem ‚Andenken-Pfennig‘ für jedes Villinger Kind.
Der Geschichte des Turmes genügt man jedoch nur, wenn auch des Lokalhelden Romeias Mans gedacht wird.
Bei Maximilian I. hatte das Geschützwesen einen besonderen militärischen Aufschwung genommen. Eine Zeit , in der Romeias einer der besten Büchsenmacher des Kaisers und er diesem persönlich bekannt war.
Und weil Handfeuerwaffen und Geschütze, die erst später Kanonen hießen, immer stärker die Kriegführung und die Verteidigung bestimmten, musste auch Villingen die Mauern verstärken, die Türme erhöhen, die Bastionen einrichten und die Batterie-Türme mit abnehmbaren Dächern ausstatten. Der Riettorturm wurde schon 1535 umgestaltet und die übrigen Türme wurden für so genannten Stucken eingerichtet.
So war eben auch der Michaels-Turm an der Reihe und das kaiserliche Wappen fand den richtigen und wichtigen Platz in der damaligen Zeit.
Zu dem seit 500 Jahren aber nun doch deutlich verwitterten Wappenstein kann aber auch heute noch ein anerkennender Blick hoch hinauf zum Turm gerichtet werden.