Von der Bäcker- und Müllerzunft

Die Bäcker verteidigten einst die Stadt mit Säbel und Muskete- Um das Jahr 1800 zählte die Bäckerzunft noch 34 Mitglieder und die Schuhmacher 50

 

Alemannischer Beck – de Rieble!

„I de Gerberstroß am Eck,
do wohnt de Rieble-Beck.
Er schtreckt de Arsch zum Fenschter nus,
mer montes wär en Weck.

Es isch kon Weck, es isch kon Weck,
es isch de Arsch vum Rieble-Beck.

Vom Korn zum Brot war schon jeher eines der wichtigsten historischen Handwerke. Und so zählt eine Urkunde zur Bäckerzunft vom 23. Januar 1324 zu den ältesten in der Stadt, in der Graf Gebhard zu Fürstenberg, Domherr von Konstanz und Pfarrherr zu Villingen die Stiftung genehmigt, die  die Bäcker- und Müllerzunft zu Villingen in seiner Pfarrkirche  mit einem Altar der hl. Maria, der hl. Katharina und aller Heiligen und mit einer Pfründe, in der Alten Stadt neben dem Chor gewidmet hatten.

Auf Anhieb mindestens 13

Dem gebürtigen Villinger Brezel-, Wecken- und Brot-Fans fallen folgende Bäckernamen ein:
Beha (eh. Seifritz), Bueb, Busch, Haas, Hettich, Hoch, Hug, Hummel, Kuthmühle (eh. Zipfel),
Leute, Obergfell, Rieble, Schnäbele, Ummenhofer, Waldkircher, Walter.

Dazu bestimmte die Zunft drei Lichtpfleger, deren  Aufgabe es ist, die Pfründe dann einem neuen Priester zu übertragen, wenn diese frei würde und er täglich eine hl. Messe an dem Altar lese.

Diese Stiftung der Bäcker wurde während 14. und 15. Jahrhunderts laufend vermögender, weil ihr Häuser und Güter geschenkt und überlassen wurden, für Pacht und Zins eingenommen wurden.

Eine weitere Urkunde vom 14. Februar 1470 erklärt, dass am Bäckeraltar stets zwei ewige Lichter in zwei Ampeln brannten und dass ein „ewig Licht mit Wachs und Kerzen“  während der heiligen Messen auf dem Altare brannte.

Wie es schon die Schmiedknechte (1425) und die Schuhknechte (1426) taten, so begründeten auch die Müller-und Bäckerknechte an St. Johanni 1433 ihre Bruderschaft, der der Rat und der Zunftmeister zuvor zustimmten.

Obligat war dabei auch die Finanzierung eine Kerze in der Altstadtkirche vor dem Brotbecken-Altar, zu der jeder Geselle zwei Schillinge, ferner alle 14 Tage zwei Heller und an allen Fronfasten, alle drei Monate zwei Villinger Pfennige entrichten musste.

Wer sich als Knecht bei einem Brotbecken- oder einem Müller nicht in diese Ordnung einschreiben ließ, musste er alle vier Wochen „einen Heller in die Büchs geben“.

Für einen Lehrknecht galt, er habe in zwei Jahren „9 gute Pfennige in die Büchs zu geben, damit Kerzen den Seelen zum Trost in jener Welt  brennen.

Verstorbene aus dieser Gesellschaft und Ordnung wurden in der ‚Alten Stadt‘ beerdigt. Eine Ordnung, der niemand anderer angehören solle, weshalb auch ein gestiftetes Gezierd an einem Messgewand nur das Brotbecken- und Müllerzeichen anhängig sein dürfe.

Wer aus der Bruderschaft krank wurde, dem lieh man aus der Büchs fünf Schilling Pfennig. War einer länger krank, möge man ihm so viel leihen wie in der Büchs ist, und dies nicht eher abtun als vor Jahresfrist.

Man schrieb das Jahr 1684, als von dem einst der Bruderschaft gestifteten Vermögen nur noch 12 Gulden jährlichem Zins von 4 Mannsmahd Wiesen vorhanden war. Und weil auch der Gottesdienst in Abgang gekommen war, wohl wegen des langen Kriegstrubels und fehlender Priester, vereinbarte man mit den Kaplänen und den Helfern die Seelsorge von neuem festzulegen. So wurden die Apostelmessen fortan im Münster abgehalten.

Zu den Gottesdiensten am Beckenaltar  als Jahrtagmessen zu Ehren des Agathen-Tag am  5. Februar und des Katharinen-Tag am 25. November, beteiligten sich die Bäcker, ihre Gesellen und Lehrbuben auch an der Prozession zu Fronleichnam.

Man traf sich mit den Schuhmachern in der Kirche der Johanniterkirche, um dort die Reliquien, Kreuz und Fahnen und Mandelkerzen, worauf die Teilnehmer nach der Prozession um die Stadt in der Komturei mit ein „Imbissmahl erfrischt wurden“.

Als diese Gewohnheit 1636 „in Zeit des leidigen Kriegswesens und  allgemeiner Landesverderbnis“ ausblieb, drängten Bäcker und Schuster am 20. Juni 1637 in der Komturei wegen des Ausfalls auf acht 8 Gulden Gelds, zwei Schweizer Käsen und 4 Sester Vesen als vorläufigen Ausgleich des Gewohnten.

War die politische Organisation im Mittelalters keineswegs dauerhaft stabil, hatte die Zunft oft auch eine oft opferreiche Aufgabe: die Verteidigung der Stadt.

Gestützt auf die städtische Auszugsordnung von 1294 hatten sich die Zünfte gegen die adligen Geschlechter den Zutritt zum Rat und damit zum Stadtregiment durch den Zunftbrief von 1324 erzwungen, was  Grundlage der demokratischen Freiheit im alten Villingen wurde.

Zur Verteidigung waren den Zünften einzelne Abschnitte der Ringmauer mit den davorgelegenen Gräben zugewiesen. Die Bäckerzunft hatte einen Abschnitt zwischen dem Oberen- und Bickentor zu besetzen. Ihr Abschnitt grenzte oben an den der Herrenstube und unten an den der Wirtszunft.

Sollte einer erklären, den ‚Rieble-Beck‘ nicht kennen, dann kann er eigentlich kein Villinger sein. Denn der wohl populärste ‚Beck‘ der Lokalhistorie ist zweifelsfrei der Bäcker Rieble, der einst in der oberen Gerberstraße seine Backwaren fertigte, wo immer noch eines der örtlich verbliebenen Zunftzeichen prangt. Dass es Zeiten gab – um 1800 -, in denen 34 Bäcker die Villinger Bürger mit seinen Backwaren versorgte, wissen jedoch nur die Chronisten.

Gemeinsam mit den Müllern wird die Zunft der Bäcker erstmals 1324 erwähnt. Eine Zeit, in der Graf Eberhard zu Fürstenberg Pfarrherr zu Villingen war und er aus seinen Rechten heraus einen  Altar in der heutigen Friedhofskirche und eine „Pfründe“ stiftete.

Wie einst die Schuhmacher und die Schmiede gründeten auch die Bäcker und Müller eine ‚Bruderschaft‘ (1433), zu der auch Bäckergesellen Zutritt fanden, sofern sie auch den Obolus entrichteten: zwei Schillinge zur Aufnahme, alle 14 Tage zwei Heller und jedes Quartal zwei Villinger Pfennige.

Zu Fronleichnam beteiligte man sich mit Reliquien, Kreuz und Fahnen geschlossen auch an der Prozession, was zugleich die Gelegenheit bedeutet, das „jährliche Imbissmahl“ bei der Johanniter-Kommende einzunehmen.

Als ein solches Festmahl im 30-jährigen Krieg nicht stattfinden konnte, wurde man vorstellig und erreichte die Wiederaufnahme für die folgenden Jahre. Für das Jahr 1637 erhielt man als Ersatz acht Gulden, zwei Schweizer Käse und vier Sester Vesen, ein damals übliches Maß für Dinkel in unreifer Frucht als „Grünkern“.

Während der „unfertigen Ordnung des Mittelalters“ hatten die Bäcker-und Müller eine wichtige Funktion, die ihnen auch als Pflicht galt: die Verteidigung der Stadt nach Abschnitten der Ringmauer zwischen Oberem und Bickentor.

Im Verlauf der Jahrzehnte wurden dies Abschnitte sogar Eigentum der jeweiligen Zunft, was bis ins 19. Jahrhundert Faktum war.

1  Bäcker Haas, Färberstraße; 2  Bäcker Rieble, Gerberstraße; 3 Bäckerei Busch, Rietstraße; 4 Haas; 5 Bäcker Ummenhofer, Ecke Brunnenstraße/Färberstraße; 6 Leute, Niedere Straße; 7 Hummel, Gerberstraße.

Diese Verteidigungsabschnitte waren im Verlaufe der Jahre in den Privatbesitz der Zünfte übergegangen. Noch um 1820 besaß die Bäckerzunft ihren Grabenanteil. Als die Stadt 1863/64 die Fülle niederlegte, musste sie erst die Grabenstücke von den Zünften zurück kaufen, soweit diese nicht schon in ihrem Eigentum waren.

Wie lange das Bewusstsein von ihrer militärischen Bedeutung noch in den Zünften lebendig war, auch bei der Bäckerzunft, zeigen die sogenannten Zunft-Täfele, die jeder Zunftgenosse beim Eintritt in die Zunft für das Zunftlokal stiften musste. Sie zeigen Bäckermeister in ihrer militärischen Ausrüstung mit Muskete und Säbel, dem Zunftwappen und dem Jahr, in dem einer in die Zunft eintrat.(Foto).

Ihre handwerklichen Leistungen boten die Bäcker auf Bänken feil unter der sogenannten ‚Brotlaube‘ in der Rietstraße.

Zu den Zunftbrüdern der „Weißbecken“ gehörten auch die Brüder der „Hausbrot-Becken“, die das Mehl derer  verbackten, die dieses lieferten, denn in bürgerlichen Häusern durfte damals nicht gebacken werden.

Ein solches Verbot diente dazu, die wettbewerbliche Ordnung  und damit die Existenz der einst bis zu 50 (!) Bäcker in der Stadt zu sichern. Ein Hausbrot-Beck durfte jedoch nur backen, wenn der Kunde die Brote der vorherigen Lieferung auch bezahlt hatte.

Und wie könnte es bei einer Bruderschaft auch anders sein, die Geselligkeit stand bei den Bäckern weit oben, denn wie jede andere Zunft hatte auch sie eine Trinkstube, die am Münsterplatz lag – sinnigerweise hinter der heutigen Stadtapotheke.

In ihren Vereinbarungen waren die Zünfte jedoch nicht autonom und frei, denn der Rat der Stadt hatte für günstiges und gutes Brot zu sorgen, was er insbesondere im 17. Jahrhundert durch ‚Brotordnungen‘ zu sichern suchte.

Es galten damals sogenannte Brottarife, wobei sich das Brotgewicht an den wechselnden Preisen für Korn und Mehl orientierte. Stiegen die Rohstoffpreise, stieg nicht der Brotpreis, sondern das Brotgewicht variierte nach unten.

Es waren die ‚Brotschätzer‘ des Rates, die dies zu kontrollieren hatten, und einen Kreuzer als Strafe erhoben, wenn ein ‚Lot‘ am Brotgewicht fehlte.

Während heute eine wahre Vielfalt an Backwaren zur Wahl steht, gab es früher nur Laibe zu vier, zu zwei und zu einem Pfennig. Dabei auch Küchlein und Mutschel, ein kleines Weißbrot, Weiß- und Schwarzrucken-Brot und Semmelbrot, für die allesamt Korn und Roggen verbacken wurden.

Zwei Urkunden von 1314 und 1331 erzählen, dass die Bäcker dereinst ihr Brot feilboten auf Bänken unter der Brotlauben. Es sei ein leichtes Gebäude gewesen, wie in Rottweil und in anderen alten Städten, und eben hier inmitten der Rietstraße gegen das Riettor errichtet.

Diese Bänke waren ursprünglich im Eigentum der Stadt und wurden von ihr geliehen.

Es war das Ziel der mittelalterlichen Stadtwirtschaft, jedem Zunftgenossen eine selbständige Existenz zu ermöglichen. Darum musste sie die Genossen gegen Übervorteilung durch andere schützen. In diesem Sinne ist zu verstehen, wenn am 23. August 1481 die Zunft verbietet, dass

kein Hausbrot-Beck dem andern die Kunden abtreibt und dass keiner einem Kunden backen darf, wenn der frühere Bäcker erklärt, er sei von dem Kunden noch nicht bezahlt worden.

In der Absicht auf möglichst gleiche Arbeitsbedingungen, und keinesfalls wegen auf religiöse Motive, zielte eine Verordnung der Zunft vom 5. November 1497: ein Weiß- oder Hausbeck ist mit Strafe bedroht, der an einem Samstagabend oder an einem Aposteltag, an Feiertagen oder überhaupt nach Feierabend „noch Feuer eintut“ oder backt. Gleiches gilt für den Müller, der zu dieser Zeit noch arbeitet.

Eine wichtige Aufgabe der Zunft war auch die Pflege der Geselligkeit unter den Zunftgenossen. Schon vor 1418, besaß jede Zunft eine Trinkstube. Nun haben die Bäcker kurz vor dem 11. Februar 1470 eine eigene Zunftherberge gekauft und darüber Hauspfleger, Stubenmeister und Zeltpfleger für den kriegerischen Auszug. Jedes Jahr versammeln sich nun die Zunftgenossen zum Weihnachtsfest oder im nächsten Monat hernach, wie es der Zunftmeister befiehlt. Jeder ist zum Erscheinen verpflichtet zur Verhörung über Dotation des Altarstifts-Briefes, der Pfründ-Rödel, der Schriften der Gülten, Einnahmen und Ausgaben. Ebenso findet Neuwahl der Licht- und Hauspfleger, Stubenmeister und Zeltmeister statt, und zwar jeweils zwei von den Becken und einer von den Müllern. An dieser Urkunde hängt schon das schöne Zunftsiegel, dessen Stempel 1876, wo der Begründer der Städt. Sammlungen davon einen Abdruck nahm, noch vorhanden war. Es zeigt unter drei gotischen Wimpergen rechts eine Brezel, in der Mitte eine Backschaufel und links ein Mühlrad. Die Umschrift lautet in gotischer Minuskel: s. brotbecken und Müller zu Villingen. Es ist gleichzeitig entstanden mit den Siegeln der Schmiede und Färber, die in den Städtischen Sammlungen noch erhalten sind. Die Zunftherberge stand am südlichen Münsterplatz.

Einen Einblick, wie die Zunft verwaltet wurde, gibt der sog. Zwölferbrief vom 9. April 1390. Er ist von Schultheiß, Bürgermeister und Rat erlassen und wurde auch für die anderen Zünfte gegeben. Er bestimmt, dass in jeder Zunft zu einem Zunftmeister noch weitere 12 sein sollen. Die sollen Recht sprechen und die Zunft soll ihnen gehorsam sein. Geht einer ab, so soll in einem Monat ein neuer gewählt werden.

Die Taxen für den Einkauf in eine Zunft sollen in allen Zünften gleich sein. Für eine ganze Zunft sollen gezahlt werden 10 Schillinge oder 120 Bisger, das sind Breisgauer Pfennige, dem Zunftaltar 12 Pfennige, dem Zunftmeister 6 Bisger Pfennige und Wachs für die Zunftkerzen, 5 Schilling Stäbler (Pfennige) „an der Zunft Gezelt“. Die sollen weder vertrunken noch sonst vertan werden.

Wird eines Meisters Sohn Meister, so soll er der Zunft 1 Pfund Wachs geben; wird ein Knecht Meister, so soll er den anderen Halbteil der Zunft auch kaufen. Die eine Hälfte hatte er bereits als Geselle bezahlt bei der Ledigsprechung. Wer von einer Zunft in die andere fahren will, soll auch eine halbe Zunft kaufen. Die Wahl des Zunftmeisters findet an Johanni statt (24. Juni) mit Einwilligung des Rates. Johanni war auch der Tag der Ratserneuerung.

Während in der Blütezeit des Zunftwesens im 14. Jahrhundert die Zünfte sich ihre Ordnungen selbst schufen, wirkte im 15. Jahrhundert der Rates der Stadt mit, namentlich seit man Stadtschreiber mit juristischer Bildung hatte.

So legen um 1490wohl mehrere Zünfte gleichzeitig Zunftbücher mit den wichtigsten Bestimmungen, was auf ein Verlangen des Rates zurück geht, angefertigt mit schönen Zunftsiegeln.

Gegen diese wachsenden Eingriffe des Rats wandten sich die Müller – 14 Meister und Knechte – durch ihren berühmt gewordenen Auszug nach Hüfingen am 6. Oktober 1522.  Grund war eine Verordnung des Rates, die den Müllern deren Vieh- und Geflügelhaltung gegenüber ihren Kunden einschränken sollte. Der Chronist Hug schildert dazu anschaulich den Verlauf dieses Müllerstreikes.

Da der Rat die vier Müller aus Oberndorf als Streikbrecher kommen ließ, mussten sich die Müller unterwerfen. Sie wurden eingesperrt und mussten in 2 Jahren die ansehnliche Summe von 200 fl bezahlen. Dass der Rat nicht mit sich spaßen ließ, zeigen die im Stadtarchiv noch erhaltenen Urfehdebriefe der Müller.

Anstelle der freien Vereinbarung innerhalb der Zunft trat immer mehr die Verordnung des Rates. Die Lebensmittelpolitik der Stadt, die Sorge für billiges und gutes Brot führte zu immer neuen Verordnungen. Wir besitzen eine ganze Reihe Ton Brotordnungen, die den immer wieder veränderten Lebensverhältnissen Rechnung tragen mußten. Die älteste erhaltene ist vom 31. Oktober 1585, ihr folgten weitere 1607, 1624, 1660, 1685, 1700, 1714. Eine große Rolle spielte die von 1771, die gedruckt wurde und noch bis 1826 n Geltung war. 1770 war ein Hungerjahr gewesen. Das Ratsprotokoll berichtet über die Umstände, unter denen der Tarif von 1771 zustande kam, unterm 19. August 1771: „Dieweilen die Becken, ohnerachtet dem Höchsten zum Dank die Früchte im Preis fallen, das Brot dennoch ring und so dein als ehevor machen, sollen die Brotwäger ieimlicherweis Brot einkaufen, abwägen, die Anzeige dazu machen, um so dann die Bürger zu Straf ziehen zu können.“

Es ist schwierig, die einzelnen Tarife in ihrem Wert miteinander zu vergleichen, da wir weder den Kaufwert des Geldes in den einzelnen Jahren, noch die Gewichte genau kennen. Aber interessant sind die Grundsätze der Preisgestaltung.

Das Brotgewicht richtete sich nach dem höchsten Preis, den das Malter Korn jeweils im Kaufhaus erzielte. Stieg der Preis des Getreides, so wurde nicht der Brotpreis erhöht, sondern das Brotgewicht verringert und im entgegengesetzten Fall vermehrt. Die Preise blieben also die gleichen, und die Tarife geben jeweils an, um wieviel das Brotgewicht der einzelnen Brotsorten verringert oder vermehrt werden durfte oder mußte. Die Kontrolle hatten die Brotschätzer, vom Rat ernannt, die jede Woche einmal umgehen mußten. Die Strafe für jedes fehlende Lot betrug 6 Kreuzer. Verbacken wurde Korn und Roggen. Die Ordnung von 1585 zählt folgende Brotsorten auf:

Vierpfenniglaib, Zweipfenniglaib, Einpfenniglaib, das Kiechlin (Küchlein) und die Mutschel (kleines Weißbrot).

Die Brotordnung von 1771 unterschied drei Hauptsorten: Weißruckenbrot, Schwarzrucken-brot und Semmelbrot.

Vom Weißruckenbrot gab es Einbatzenbrot, Zweigroschenbrot, Zweibatzenbrot, Vierbatzen-brot. Das Schwarzruckenbrot kannte den Zwei-groschenlaib (5 Pfund), den Zweibatzenlaib, den Zehnkreuzerlaib und den Dreibatzenlaib (10 Pfund).

Diese weitgehende Differenzierung von Brotsorten ist nur verständlich, wenn man weiß, daß es in Villingen von Alters her zwei Klassen von Bäckern gab, die Weißbrot- und die Schwarzbrotbecken. ,Weißbrotbecken“ sind diejenigen, welche nur kleines oder mittleres weißes Ladenbrot verbacken, „Schwarzbrotbecken“ aber diejenigen, die für die Bürger ihr Brot – kein Bürger durfte in Villingen für sich selbst backen – und mittleres Weißbrot und alle Sorten schwarzes verbacken dürfen. So stellten die Bäcker die Sache in einer Eingabe an den König von Württemberg, der damals ihr Landesherr war, am 7. Juli 1806 dar. Die Teilung galt jeweils nur ein Jahr, wer sich verändern wollte, mußte es bis zum Thomastag (21. Dezember) der Zunft melden. Nach dieser Darstellung geht die Teilung bis ins Mittelalter zurück. Schon das heute längst nicht mehr vorhandenes Zunftbuch von 1440, ebenso die Magistratsbeschlüsse von 1700 haben sie enthalten. Die Beckenordnung von 1700 ist noch vorhanden und bestätigt diese Angabe. Ebenso die oben erwähnte Zunfturkunde von 1497, die die Teilung auch kannte.

Es gab eben ursprünglich Weißbrotbecken, die für den Verkauf auf den Brotbänken bucken und Hausbrotbecken, die nur Lohnbäcker waren. Die Bäcker von 1806 begründen die Teilung damit, daß sie notwendig geworden sei durch die zu große Zahl von Bäckern in Villingen (33 Bäcker bei 600 Bürgern). Nur dadurch hätten alle Bäcker beschäftigt werden können. Nach den Koalitionskriegen seit 1792, wo die Teilung wegen der Einquartierung nicht aufrecht erhalten werden konnte, wurde sie 1808 endgültig aufgehoben.

Im Zeitalter des Absolutismus, wo der Staat mit seinen Reglements immer stärker in alle Verhältnisse des Lebens eingriff, wurde die Bevormundung der Zunft durch Stadt und Staat immer größer.

Gegen Ende des Zeitalters gewannen über die österreichische Regierung auch physiokratische Ideen Einfluß auf die Behandlung der Zünfte. Diese sahen in den Zunftschranken Hemmungen der wirtschaftlichen Entwicklung und verlangten wirtschaftliche Freiheit. So mußte am 2. August 1776 der Stadtrat die Landstände um Belassung der Zunftrechte bitten.

Mit dem Übergang der Stadt an das Großherzogtum Baden (Juli 1806) trat eine neue Entwicklung ein. Der neue Herr lehnte am 24. November 1807 die Bitte der Stadt Villingen ab, ihre Rechte und Freiheiten zu bestätigen und ihr die Grundherrschaft über die sieben Dependenzorte zu belassen. Das badische Obervogteiamt will fortan im Stadtrat präsidieren, und es behält sich auch das Recht vor, in den Zunftversammlungen den Vorsitz zu führen.

Die Vorrechte der mittelalterlichen Stadt hörten auf, damit auch das mittelalterliche Institut der Bannmeile, das die Niederlassung von Handwerkern auf dem Lande verbot oder beschränkte. An die Stelle des Stadtrats trat nun der großherzogliche Beamte, das Obervogteiamt, später Bezirks Amt, das einfach verfügte. So wurde 1808 dem Josef Neininger gestattet, in Unterkirnach eine Bäckerei aufzumachen, da er ein gelernter Bäcker sei, das nötige Vermögen dazu habe und als Staatsbürger das Recht habe, ein erlerntes Gewerbe zu betreiben. Im Juli 1809 verlangte das Obervogteiamt, daß die Ortshandwerker in die Villinger Zünfte aufgenommen werden. 1848 gab es in der Bäckerzunft 60 Landmeister.

Die Not der Biedermeierzeit zwang den jungen badischen Staat sich auch des Brottarifs wieder anzunehmen. Die armen Leute klagten über zu teures Brot, die Bäcker darüber, daß der Brottarif von 1770 den gesteigerten Kosten für Holz, Salz, Licht und Hopfen nicht mehr entspräche. Das Bezirksamt genehmigte schließlich eine Modifizierung des Tarifs. Aber der Widerstand gegen den veralteten Brottarif hörte nicht auf. Hatte man bisher einen Tarif mit ständigem Preis und wandelbarem Gewicht, so wurde jetzt seit 1831 namentlich von Oberbürgermeister Vetter ein Tarif mit ständigem Gewicht und wandelbarem Preis vorgeschlagen. Er konnte sich dabei vor allem auf das Beispiel von Freiburg berufen. Schließlich gab auch das Bezirksamt nach und trat dem Vorschlag Vetters bei (10. Juli 1834). Die endgültige Bereinigung kann nach den Akten nicht mehr festgestellt werden. Jedenfalls wurde seit 1847 der Brotpreis vierzehntägig vom Bezirksamt festgesetzt, indem für die 1 – 3 Kreuzerwecken das Gewicht, für die Laibe (1 Pfund Weißbrot, 1 Pfund Halbweißbrot und 2 Pfund Schwarzkernenbrot) der Preis bestimmt wurde.

Ein kleinliches Polizeiregiment griff immer mehr Platz, nicht ohne Schuld der Zünfte selbst, die statt bei Meinungsverschiedenheiten sich zu einigen, das Amt anriefen. Es hängt wohl mit der Not der Biedermeierzeit zusammen, daß im November 1820 die jungen Meister sich weigern, das Zunftgeld von 11 Gulden und 15 Kreuzer zu bezahlen mit der Begründung, früher habe man von dem angehenden Meister nur 3 Gulden und 10 oder 20 Kreuzer verlangt. Das seit 36 Jahren erhöhte Zunftgeld werde nur zu Zechen bei der Zunft verwendet. Vor 36 Jahren, entgegnete die Zunft, habe man das Zunftgeld auf die jetzige Höhe gebracht, aber nur, um den jungen Meistern größere Ausgaben zu ersparen, denn damals habe jeder bei seinem Eintritt in die Zunft für jeden Zunftgenossen noch Käse und Brot anschaffen müssen, was für jeden eine Ausgabe von 20 – 22 Gulden bedeutet habe. Die Zunftgelder würden zur Deckung der jährlichen Ausgaben der Zunft, die 80 – 90 Gulden betragen, benutzt. Der Überschuß würde jedes Jahr verteilt. Es treffe auf jeden Zünftigen 10-, 12-, 15 Kreuzer, die er auf der Zunftherberge verzehren müsse, um dem Herbergsvater eine gewisse Entlohnung zu verschaffen für die Mühe, die er mit den durchreisenden Bäckerburschen habe. Es wurden nämlich jedem durchreisenden fremden Bäckerburschen 6 – 8 Kreuzer gegeben, die er in der Zunftherberge verzehren durfte. Es war jetzt der „Ochsen“, seitdem das Zunfthaus auf dem Münsterplatz verkauft war.

Die ganze Auseinandersetzung hatte nur den einen Erfolg, daß das Bezirksamt sich die Rechnungsführung der Bäckerzunft noch genauer ansah und verlangte, daß kein Lehrling oder junger Meister etwas zum Verzehren für die Meisterschaft bezahlen durfte, und daß dem Amt jede Neuaufnahme gemeldet werden mußte und auch für die jeweiligen Aufnahmegebühren für den Trunk, den die Zunft am Katharinenfest stiftete – es waren durchschnittlich 15 Kreuzer – 45 Pfennige für den einzelnen – mußte man ebenfalls die Dekretur des Amtes einholen. Aber man wusste sich zu helfen. Man feierte jetzt auch Großherzogs Geburtstag und seinen Hochzeitstag.

Wusste man doch, dass diese „patriotischen Feste“ unschwer vom Großherzoglichen Oberamtmann erstattet wurden.

Die Mittel dazu verschaffte man sich dadurch, dass man einen Teil der Unterstützungsgelder für die wandernden Handwerksgesellen für die Zechen verwendete.

Das veranlaßte den Revisionsbeamten zu der bissigen Bemerkung, es scheine, daß im Zeitraum vom Jenner 1852 bis Ende Mai 1854 sämtliche in Deutschland befindlichen Müller- und Bäckergesellen über Villingen gewandert sein müssen, denn die Zahl der angeblich ausbezahlten Zehrungen für die Weiterreise habe in dem genannten Zeitraum 1640 (!) betragen.

Da auch das Recht, den Meistertitel zu verleihen, an das Bezirksamt übergegangen war, so war von der mittelalterlichen Selbstherrlichkeit der Zünfte fast nichts mehr übrig geblieben, als durch das Gesetz über die Einführung der Gewerbefreiheit vom 20. 9. 1862 der Zunftzwang aufgehoben und die alten Zünfte aufgelöst wurden. Während die Gerber-, die Sattler-, die Bauleute- und die Schmiedezunft sich endgültig auflösten und ihre Vermögen der Stadt für die Provencesche Lehrgelderstiftung übergaben, konstituierte sich die Bäcker- und Müllerzunft zu einer Bäcker- und Müllergenossenschaft am 19. Februar 1865. Der Grund war wohl, das bedeutende Vermögen der ehemaligen Bäcker- und Müllerzunft den Bäckern und Müllern zu erhalten. Als Zweck wurde angegeben: Beförderung der gewerblichen Angelegenheiten, Verwaltung des Genossenschaftsvermögens, Unterhaltung der gewerblichen Institute. Damit hatte die ehrwürdige Bäcker- und Müllerzunft nach rund 350-jährigem Bestehen ihr Ende erreicht.

Die Verehrung der hl. Katharina, erstmals in einer Urkunde aus dem Jahre 1324 genannt, Schutzpatronin der Bäcker und Müller hielt noch lange an. Jeweils um den 25. November wurde im Münster zum Dank an die Schutzpatronin eine hl. Messe gelesen. Dass dabei im Anschluss auch die Geselligkeit als „Katharinen-Ball nicht zu kurz kam, entsprach alter Tradition. Allerdings wurde das Event längst nicht mehr aus der „Hefekasse“ bezahlt.

 

 

 

Schreibe einen Kommentar