Als Brennholz und teure Weine die Stadt hinabflossen
Heilig Abend 2919 war in jenem Jahr ein Mittwoch, auf den es zuvor drei Tage geschneit hatte und schließlich knapp ein Meter davon die Stadt und die Region heftig eingeschneit hatte. Und dann um Mitternacht des 24. auch noch ein starker, dauerhafter Regen. Das konnte nicht gut gehen: „Randvoll schoss die Brigach“ dahin!“.
Über die beiden Weihnachtstage stieg das Wasser immer weiter. Hinten am Pulverwehr (heute Nähe Minigolfplatz) überschwemmte die Brigach schließlich das wehrhafte Hindernis, ergoss sich über den Mühlenkanal der Stadt entgegen.
Zu ersten Bedrohung durch das Hochwasser kam es in der nahen „Waldmühle“, in welcher Hermann Schwer kaum ein Jahr zuvor seine „Schwarzwälder-Apparate-Bau-Anstalt“ eingerichtet hatte.
Eher vergeblich versuchten die Mitarbeiter, dort einen Damm gegen das bedrohliche Wasser zu errichten, als auch noch Strom und Licht wegblieben. Villingens einzige Turbinen-Anlage, war abgesoffen, wie sich 1961 Hermann Alexander Neugart erinnert.
In finstrer Nacht bei „schwankendem Schein einzelner Windlaternen“, versuchte man, wertvolles Material in den oberen Stock oder auf Pritschenwagen zu verbringen.
Selbst der ansonsten eher stille Sägebach entlang der Breiten Mühle an der Waldstraße in Richtung Nepomuk und weiter zum Sägewerk Storz (heute Volksbank) „war zum Ungetüm geworden“.
So stürzten die Wassermassen durch das Riettor, worauf die Rietstraße und die Gassen gen Süden bald reißenden Bächen glichen.
H.A. Neugart war 1919 Modelleur bei der ehemaligen Kunsttöpferei Huber & Röthe gleich hinterm Stadtgarten zum späteren Kindergarten Maria Frieden, als er direkt nach den Weihnachtstagen am Brennofen die Feuerung übernommen hatte.
Und er sah die Gefahr, dass das Wasser hinterm Haus um ansonsten harmlosen Gewerbekanal auch zum Ofen hin stieg und stieg.
Ihm stand der Angstschweiß auf der Stirn, denn das Wasser bewegte sich auf das tiefer liegende Standloch und der Muffelofen mit Töpferwaren stand in heißer Glut.
Unvorstellbar, wenn das Wasser in das Feuer flösse. Doch reichte es grad noch knapp, dass der „Seegerkegel“ bei höchstem Hitzegrad erreicht war und schmolz und man die Feuerung zumauern konnte. Jene Nacht habe er nie vergessen, schrieb Neugart 1961.
Tagsüber floss unendlich viel Wasser auch über die Obere Straße in die Stadt, prallte an Buttas Eck ab und nahm bei Buchbinder Weißer am Marktplatz einen Haufen gespaltenes Holz mit, bildete eine Strudel und lief samt hunderter Holzscheite in die Bicken und die Niedere Straße.
Gegenüber schien sich eine Gruppe an dem Spektakel zu amüsieren, mit dabei der Nosche-Edwin, Wirt des Cafe „Lerche“. Er ahnte jedoch nicht, dass gleichzeitig sein eigener Keller absoff und Wein für mehrere hundert Mark ausgelaufen war. Und auch Vorräte im Keller der Blume-Post nahemn Schaden.
Stark bedroht war in jenen Stunden auch die südliche Südstadt: der Flutkanal der Brigach reichet nur bis zur Herrenmühle, wodurch es zu einem Rückstau kam, verstärkt durch die Wassermassen des Warenbach und des Steppach. Vom Waremnbach aus bot sich damals ein „schaurig-schönes Bild“ erinnert Neugart 1961: das ganze Brigachtal glich einem riesigen See. In Pfaffenweiler war die Dorfstraße überschwemmt und stark aufgerissen.
So bleib auf all die Schäden dann doch noch die bedingte Schuldfrage. Die nun sah man wohl dariun, dass die Stellfalle beim Pulverwehr nicht rechtzzeitig gezogen worden sei. Die Verwaltung bestritt dies, und wehrte sich auch gegen den Vorwurf von Gemeinderat und Bürgerausschuss, dass zuviel auf die lange Bank geschoben worden sei, um höherer Gewalt begegnen zu können.
Renovierungen am Wehr und Korrekturen der Brigach, so Neugart, seien jedoch noch bis 1961 in letzte Konsequenz gar 40 Jahre lang nicht erfolgt.