Erinnerungen an das närrische Liedgut in Villingen und an Hans Schleicher
Die Zeit ist längst reif! – Spätestens seit dem 6. Januar gilt lokal und regional: Egal, ob Straßen-Fasnet oder närrisches Treiben im Saal, die Villinger Fasnacht bietet zum Mitsingen und schunkeln ein gar riesige Repertoire an lokalen „Hits“.

Eine wahre Fundgrube an ewig-närrischem Liedgut der fünften Jahreszeit, mit dem sich bis 1997 Hans Schleicher (1921 – 2011) befasst hat. Dies jedoch nicht nur historisch theoretisch. Denn der frühere Dirigent der Bläserjugend der Stadtharmonie konnte sich bestens an die dreißiger und deren Folgejahre erinnern. Eine lange Zeit, in der viele der heute gepflegten Märsche entstanden.
Schon 1927 setzte Vater Hermann Schleicher dem sechsjährigen Buben bei Auftritten die Zeichen, als er den Sohn als „Hanswurst“ bei der bein-haarigen „Damen-Kapelle“ auf die große Trommel hockte.
Damals die Sensation: ein gutes Dutzend Musiker des Musikvereins Harmonie – damals noch Namens-Vorläufer der späteren Stadtharmonie – trat als Damen-Combo auf und intonierte erstmals den Evergreen „Lila ist Mode, lila ist modern“.
Neun Jahre später, 1936, marschierte Schleicher Junior in der Jugendkapelle mit, die er in späterer Folge bis Ende der 90-er Jahre begleitete und er an den Hohen Tagen den Takt für die Fasnetmusik vorgab.

Villingens Liedgut wurde 1930 bereichert von Stadtkapellmeister Wilhelm Tempel, der das „Villinger Burger-Lied“ komponiert.
Etwa zur selben Zeit arrangierte der Harmonie-Dirigent Carl Baudach das Katzenmusiklied „Wir sind mit Stolz und Würde der Katzenmusik Zierde“ zum Katzenmusik-Marsch.
Auch der Glonki-Marsch “ Wir sind die Glonki von Krawazien“ stammt aus Baudachs Feder; das GlonkiSchunkellied „Hei, schunklet äle mit!“ stammt hingegen von Erhard Fleig, genannt d‘Scheme.
Titel wie „Fünf mal hunderttausend Mann“ oder „Seppele mit dä Giige“ waren zunächst bei den Kindern einige Jahre die Ohrwürmer bis 1939 vor dem Zweiten Weltkrieg, so erinnerte sich Schleicher 1997. Titel, die längst auch heute noch weiterhin in Kindermund populär sind. Neue Arrangements und verbundene Repertoires gab es immer wieder.
So auch 1996, als Musikdirektor Wolfgang Kunzelmann, während dreißig Jahren musikalischer Kopf und Fasnet-Arrangeur, die beliebten einzelnen musikalischen Fasnet-Lieder zu einem Fasnet-Lieder-Marsch zusammenführte.

Bereits ab 1960, als die Saalfasnet immer mehr Freunde fand, wurden auch die Schunkellieder zu populären Hits im Städtle und drum herum. Von Erhard Fleig, genannt d’Scheme‘ stammte das „Kra Kra Kra“ der Rietvögel.
Mit „Wa trummlet au und bloset“ von Franz Kornwachs und ,,Was schleicht da für ein Molli“ von Rudi Streit bekamen Narrozunft und Katzenmusik ihre Schunkelwalzer aufs Häs geschrieben.
Als schließlich Karl-Heinz „Schanko“ Ummenhofer das Dialektlied „Hätt denn kon kon Kamm“ erfand, war diese erste Hymne der Spittelsänger eine obligate Nummer bei allen Anlässen.
Und als Rudi Streit noch sein „Hoppedali“ kreierte, war auch den „VS-Trotteln“ der Erfolg gewiss.
Bis heute gelten diese Villinger Liedle auch nach Jahrzehnten als exzellente Stimmungsmacher.
Das gilt auch für den lokalen Rap vom „Rieble-Beck in der Gerberstroß am Eck“, der noch immer sein Hinterteil zum Fenster rausstreckt.
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Hans Schleicher war drei Jahre alt, als 1924 die „Harmonie“ gegründet wurde, mit Sechs saß er – nolens volens – als „Hanswurst“ auf der Trommel der „harmonischen Damenkapelle“ und mit zehn sang er im Knabenchor des Münsters.
Schleicher diente 48 Jahre der Stadtharmonie in Positionen des Vorstands. Über 30 Jahre war Leiter der Musik- und Trachtenkapelle in Obereschach.
Auch als Chronist der Stadtharmonie blickte der engagierte Blasmusiker auf ein bewegtes Vereinsleben zurück. Festgehalten in vielen Ordnern und Büchern als Analen und damit als „das“ einzigartige Archiv der Stadtharmonie. Verstorbenen Mitgliedern bewahrte er in Wort und Bild ein ehrendes Andenken. Hans Schleicher spielte 70 Jahre Tenorhorn und die Posaune.
Hans erinnerte sich sowohl an die Gründer der Harmonie Villingen, zu denen sein Vater Hermann († 1963) gehörte. Vater Hermann hinterließ seinem Sohn alle Ämter im Vorstand der Harmonie, Hans wurde Leiter der Jugendkapelle, Geschäftsführer, Jugendleiter des Volksmusikverbandes Schwarzwald-Baar und Dirigent in Obereschach.
Dieses Engagement bescherte Hans Schleicher 1981 das Bundesverdienstkreuz, 1990 folgte aus der Hand des Ministerpräsidenten Lothar Späth die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg.
Hallo,wob,
das ist sagenhaft, was Du alles recherchiert hast.
Die meisten Fasnet-Lieder sind noch gar nicht so alt.
Man hat sie gesungen ( oder gegroehlt ) ohne zu wissen, woher sie stammen.
Lediglich bei den Spittelsaengern war das bekannt.
Freue mich auf weitere Beiträge zur Fasnet.
Wieder sehr interessant,
werde ich aufheben und weiter geben,
danke sehr, gutes Wochenende